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Reichstagstunnel untergräbt Vertrauen

■ Bürgerversammlung Luisenblock kritisiert Tunnelplanung im Hinterhof

„Das ist doch hier eine Alibiveranstaltung“, meinte eine aufgebrachte Mieterin, „weil sowieso schon alles entschieden ist.“ Niemand widersprach. Denn bei der Bürgerversammlung von BewohnerInnen des Luisenblocks in Mitte ging es am Dienstag abend nur um Informationen zum Bau des umstrittenen Versorgungstunnel für den Reichstag, nicht aber um eine generelle Diskussion des Projekts.

Das machten die VertreterInnen von Bundesbaugesellschaft Berlin (BBB), der „Deutschen Stadtentwicklungsgesellschaft“ (DSK) und der Senatsbauverwaltung sehr deutlich: „Sie müssen uns die Argumente schon so abnehmen, wie wir sie geplant haben“, meinte etwa BBB-Geschäftsführer Michael Kretschmer.

Denn für große Diskussionen haben die Hauptstadtbauer in ihrem engen Zeitplan keine Luft: Momentan wird das Terrain an der Luisenstraße für den „Dorotheenblock“ auf der östlichen Spreeseite sondiert. Hier soll auch die Einfahrt in das unterirdische Tunnelsystem unter dem Reichstag liegen, das sich dem Plattenbau in der Luisenstraße unterirdisch bis auf wenige Meter nähern soll. Für die Großbaustelle im Hinterhof der Plattensiedlung soll ein Autohaus weichen, das „Parlament der Bäume“, Gedenkstätte für Maueropfer, werde umgesetzt. Im Januar 1997 soll die Baustelle eingerichtet werden, April 1998 soll Baubeginn für Tunnel und Luisenblock sein, Ende 2000 soll alles fertig sein.

Die Meldungen über Mehrkosten für das Projekt interessierten die MieterInnen nur am Rande: Die BBB beharrte darauf, daß es bei den geplanten 72 Millionen Mark bleiben werde. Die Meldungen, nach denen der Tunnelbau um 20 Millionen teurer werde, seien „unsinnig“, meinte Kretschmer. Allerdings gebe es einen Streit zwischen den Gesellschaften, wer welche Entwicklungsmaßnahmen zu bezahlen habe.

Bei den Abrißarbeiten werde man hinter einer Schallwand arbeiten, vesprachen die Planer: „Es wird praktisch keine Beeinträchtigung der Bewohner geben“, hieß es weiter. Dieses Versprechen quittierten die MieterInnen aus den 164 Wohnungen an der Luisenstraße mit Gelächter. Bereits jetzt leide man unter dem Staub vom Bau des Tiergartentunnels auf der anderen Spreeseite – „und da wollen Sie mir erzählen, daß Sie staubfrei zwei Meter vor meinem Fenster bauen können?“ Auch sonst stießen die Planungen auf wenig Gegenliebe: Die Einrichtung von nur 687 Pkw-Parkplätzen für insgesamt fast 5.000 Beschäftigte sei viel zu wenig, der Parlamentsverkehr werde die gesamte Gegend verstopfen.

Hoch und heilig versprachen die Planer, dem Wohnblock an der Luisenstraße kein Haar zu krümmen: „Wir lassen die Platte stehen.“ Was nach 2005 mit den Flächen geschehe, stehe allerdings „in den Sternen“. Vorerst jedenfalls soll ein Fragebogen in der Hausgemeinschaft den Planern Klarheit darüber verschaffen, wer wo und wie die Leute wohnten, um die Bauarbeiten daraufhin auszurichten. Das erregte wiederum den Unmut der etwa 200 MieterInnen, die zwischen Ärger und Frust schwankten: „Ich will Ihnen nicht meine Perspektiven sagen, sondern von Ihnen hören, was auf mich zukommt.“ Und ein Bewohner erklärte die Bedingungen, unter denen er ausziehen würde, wären klar: Für die gleichen Vergünstigungen, die der Bund seinen Beamten für den Umzug nach Berlin gewähre. Bernhard Pötter

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