: Neue Märchen
■ betr.: „Permanent bespien“, taz vom 2. 11. 96
Sie kritisieren an dem Buch „Medien-Märchen“ von Burkhard Müller-Ullrich völlig zu recht, daß der Autor platte Vorurteile verbreitet und giftig denunziert, was nicht in sein Weltbild paßt. Die Kritik geht aber nicht weit genug: Müller-Ullrich kommt im Gewand des Aufklärers daher und setzt statt dessen neue Märchen in die Welt.
Beispiel Kinderraub in Lateinamerika. Ein undurchsichtiges Thema, über das es viele Gerüchte und wenig präzise Quellen gibt. Aber alles als Märchen abzutun und statt dessen ausgerechnet die Regierungsversion der USIA (US Information Agency) als reine und lautere Wahrheit hinzustellen, ist dreist. Man muß sich nur in Erinnerung rufen, wie die größten Sauereien des „Großen Bruders“ in Lateinamerika regelmäßig mit ein paar Jahren Verspätung ans Licht kommen: US-amerikanische Militärakademien als Folterschulen, Contra-Unterstützung aus dem Weißen Haus, Drogenhandel des CIA usw. Wer da den offiziellen Versionen Glauben geschenkt hat, ist vielleicht naiv und vertrauensselig, aber mit Sicherheit kein kritischer Aufklärer über Medien-Märchen. [...]
Das Buch ist flott geschrieben, klingt aber so, als wenn ein Wendehals-Autor angebliche linke Medien-Märchen durch ideologisch anders sortierte rechte Märchen ersetzen will. Das zeugt allenfalls von Recht(s)gläubigkeit, taugt aber nicht viel zur Aufklärung. Norbert Schnorbach
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen