Die zarteste Versuchung a la Ludwig

■ Bei Ludwig-Schokolade in Quickborn wird erneut um Tarife gerungen Von Doris Heimann

Eine Neuauflage des berüchtigten Streichkatalogs befürchten die ArbeitnehmerInnen des Trumpf-Schokoladenwerks in Quickborn. Bereits im Sommer hatte der Süßwarenhersteller und Kunstmäzen Peter Ludwig vergeblich versucht, die Beschäftigten zum Verzicht auf Urlaubstage und Mehrarbeitsvergütung zu bewegen und mit Standortverlegung gedroht; diese war dann vor zwei Wochen tatsächlich angekündigt worden.

Bei einer von der Gewerkschaft Nahrung – Genuß – Gaststätten (NGG) organisierten MitarbeiterInnen-Versammlung demonstierten die Beschäftigten nun ihre Entschlossenheit, sich von dem Süßwarenkonzern nicht doch noch mit ollen Kamellen abspeisen zu lassen. „Für uns ist das eine Frage der Ehre – wir weichen keinen Schritt zurück“, gab sich der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Jan Geffken vor seinen KollegInnen standfest.

Vor zwei Wochen hatte das Aachener Firmenmanagement bekanntgegeben, daß 150 der 210 Quickborner Trumpf-MitarbeiterInnen bis Ende 1998 ihre Jobs verlieren würden, weil die Produktion nach Polen verlagert werden solle. Nachdem diese Entscheidung nicht nur bei den betroffenen Beschäftigten, sondern auch bei örtlichen PolitikerInnen für Entsetzen gesorgt hatte, versuchte Klaus-Hermann Hensel, der Leiter des Quickborner Werks, nun zu beschwichtigen.

Das alles sei halb so schlimm, meldete sich der Manager zu Wort: „Die Firmenleitung hat lediglich skizziert, was passieren könnte, wenn die Verhandlungen mit der Gewerkschaft scheitern.“ Weil Ludwig aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten ist, muß die Gewerkschaft NGG im Dezember um einen hauseigenen Tarifvertrag verhandeln.

Hier wittert der Süßwarenher-steller nun offenbar eine Chance, seinen 1.400 Beschäftigten in Quickborn, Aachen und Saarlouis doch noch eine bittere Pille verordnen zu können. Während sich die Aachener Konzernzentrale in Schweigen hüllt, wird Hensel deutlich: „Wenn wir die Lohnnebenkosten um zehn Prozent senken können, dann bleiben in Quickborn auch mehr Arbeitsplätze erhalten.“ Denkbar sei zu diesem Zweck eine längere Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich und eine Kürzung des Jahresurlaubs – wie bereits im Sommer „vorgeschlagen“.

Doch für die Quickborner Belegschaft sind diese Bedingungen keineswegs die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt. „Mit uns wird es keine Neuauflage des Streichkatalogs geben“, macht NGG-Sekretär Walter Scheuer die Position der Arbeitnehmervertretung deutlich. Und ein Ludwig-Mitarbeiter beschwor seine KollegInnen, sich von den ständigen Drohungen mit der Schließung des Werks nicht irritieren zu lassen. Letztlich könne durch Zugeständnisse keiner der Arbeitsplätze gerettet werden. Keinesfalls werde man daher die Unterschrift unter einen Haustarif setzen, der unter dem derzeit noch gültigen Standard-Tarif liegen würde.