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Zeitbombe in der CDU

■ Ausländerorganisationen empört über Äußerung des innenpolitischen Sprechers der CDU, Dieter Hapel, hohe Ausländeranteile seien "tickende Zeitbomben"

Die Äußerungen des innenpolitischen Sprechers der CDU, Dieter Hapel in der gestrigen Bild-Zeitung haben bei Ausländerorganisationen verhaltene Entrüstung hervorgerufen. Hapel wird von Bild mit den Worten zitiert: Hohe Anteile von Ausländern an der Bevölkerung in den Bezirken Kreuzberg, Wedding und Tiergarten „sind tickende Zeitbomben“. Der Sprecher des türkischen Bundes, Safter Cinar, bezeichnete dies als „übliche Hetze von Herrn Hapel“. Man könne über alle Probleme reden, die eine Konzentration von Ausländern in manchen Wohngegenden und Schulen mit sich bringe, „aber nicht auf so eine Weise“. Zu der von Hapel indirekt erhobenen Forderung nach einer erneuten Zuzugssperre erklärte Cinar ironisch, selbst Südafrika habe die Apartheid abgeschafft.

Der Vorsitzende der türkischen Gemeinde, Mustafa Turgut Cakmakoglu, sagte: „Die Anwesenheit von Ausländern ist für jede Gesellschaft eine Bereicherung.“ Wenn ein Immigrant allerdings schon 35 Jahre lang in Berlin lebe und Steuern zahle, sei der Begriff Ausländer nicht mehr richtig. Für die europäische Vereinigung türkischer Akademiker sprach Hakan Uzun „von einer höchst unglücklichen Formulierung, die bei der deutschen Bevölkerung Angst schürt“. Eine bessere Verteilung von Ausländern wäre wünschenswert, dürfe aber nicht mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden.

„Von Hapel ist nichts anderes zu erwarten“, meinte Riza Baran, ausländerpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Grüne. Mit solchen Sprüchen versuche die CDU, von den Schuldigen für die wirtschaftliche Misere abzulenken.

Von der CDU waren gestern weder Fraktionschef Klaus Landowsky noch der parlamentarische Geschäftsführer Volker Liepelt noch Paralamentsspräsident Herwig Haase für Stellungnahmen erreichbar. CDU-Generalsekretär Gerhard Lawrentz erklärte, Hapel habe „ein bißchen drastisch formuliert, aber im Kern recht“. Der Geschäftsführer von „Partner für Berlin“, Ex-CDU-Umweltsenator Volker Hassemer, ließ von seiner Sekretärin ausrichten, er könne sich nicht vorstellen, daß Hapel so etwas gesagt habe. Der Landesvorsitzende der Jungen Union, Thorsten Reschke, erklärte: „Ich hätte den Begriff ,tickende Zeitbombe‘ nicht verwendet“, aber der hohe Ausländeranteil in manchen Gegenden sei eine „nicht zu unterschätzende Gefahr“. plu

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