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Große Koalition in Bergedorf

■ SPD macht's für Wiederwahl ihrer Bezirksamtsleiterin mit der CDU / Die GAL hat sich zu recht aus dem Rennen gepokert Von Jürgen Oetting

Die Bergedorfer Sozialdemokraten behalten „ihre“ Bezirksamtsleiterin Christine Steinert über den Neuwahltermin am 12. April hinaus. Dafür zahlen sie einen hohen politischen Preis: die große Koalition in der Bezirksversammlung.

Gestern wurde im Spiegelsaal des Bergedorfer Rathauses eine „Vereinbarung zwischen SPD und CDU zur Verbesserung der Politik in einigen zentralen Politikbereichen“ unterzeichnet. GALier waren bei der kleinen Feierstunde nur geduldete Zuschauer. Dabei hatten gerade sie im Vorfeld der Steinert-Mehrheitsbeschaffung eine umstrittene Rolle gespielt. Auch mit den grünen Stimmen wäre eine satte Mehrheit zusammengekommen. Die SPD hält 17 Bezirksmandate, die GAL sechs. Die CDU verfügt über 13 Bezirksabgeordnete, die Stattpartei drei und die DVU zwei. Auf die rot-grüne Mehrheit bauten die GAL-Politiker wochenlang und verzichteten gar auf ein „Essential“ grüner Kommunalpolitik: Transparenz bei Personalentscheidungen.

Die hatten ihre Parteikollegen in der Bezirksversammlung Mitte, bei der auch dort fast zeitgleich anstehenden Wahl des Bezirksamtsleiters, wochenlang vehement eingefordert – erfolglos übrigens. Die Bergedorfer Grünen mußten kräftige innerparteiliche Kritik einstecken, blieben aber bei ihrer „Kungel“-Taktik. In internen Verhandlungsrunden boten sie ihre Stimmen für die Wiederwahl der Bezirksamtschefin an und forderten dafür die Weiterführung des Nachttaxis, ein internationales Kulturzentrum, eine Busspur in der Bergedorfer Innenstadt, die ökogerecht zu bauende Gesamtschule Allermöhe sowie die Verlagerung der Haftanstalt Neuengamme.

Diese Forderungen waren der SPD zu teuer, die GAL aber wich keinen Millimeter von ihrem Forderungskatalog ab: Die Verhandlungen wurden am 11. Februar abgebrochen. Mit den Christdemokraten hatten die Sozis parallel gekungelt – gestern wurde das Ergebnis päsentiert, und Kenner Bergedorfer Politik sehen nur eine Gewinnerin: die CDU.

Die kann die Verhandlungsergebnisse ihren Wählern „problemlos nahebringen“, wie der christdemokratische Fraktionsvorsitzende Norbert Reichelt gestern frohlockte. Besonders der vereinbarte Bau eines Sportzentrums in Fünfhausen dürfte die SPD-Finanzpolitiker schmerzen. Aus der knappen Bergedorfer Kasse sollen dafür 300.000 Mark beigesteuert werden. Auch mit der Gesamtschule in Allermöhe wird es nichts, die CDU setzte durch, daß dort ein „vollständiges schulisches Angebot“ geschaffen wird: Haupt- und Realschule sowie Gymnasium. Selbst die Verlegung der Justizvollzugsanstalt von Neuengamme nach Billwerder hat seit gestern in der Bergedorfer Bezirksversammlung keine Mehrheit mehr.

Trotzdem hält der SPD-Kreisvorsitzende Christoph Mallok die Vereinbarung für einen „gelungenen Kompromiß“ – denn die Hauptsache ist geklärt: Christine Steinert bleibt Bezirksamtschefin.

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