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Verfilzte Wohnheimvergabe

■ Rechnungshof beanstandet fehlende Ausschreibungen und schriftliche Verträge bei Vergabe von Wohnheimen in Steglitz. Anti-Korruptions-AG soll prüfen

Der Rechnungshof hat schwere Mängel bei der Vergabe von Wohnheimplätzen im Bezirk Steglitz festgestellt. In einem Schreiben an Sozialstadtrat Johannes Rudolf (CDU), das der taz vorliegt, wird Rudolf nahegelegt, die Anti-Korruptions-Arbeitsgruppe der Senatsverwaltung für Justiz einzuschalten.

Die Liste der Beanstandungen des Rechnungshofs ist lang und bestätigt die Vorwürfe, die vor kurzem bereits die Steglitzer Bündnisgrünen erhoben hatten (die taz berichtete): Mit einem Betreiber mehrerer Wohnheime für Flüchtlinge und Obdachlose wurden weder schriftliche Verträge abgeschlossen, noch ging den mündlichen Vereinbarungen ein geregeltes Ausschreibungsverfahren voraus. 60 Prozent der Wohnheimplätze im Bezirk betreibt die gemeinnützige GmbH FSD, ein kooperatives Mitglied der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Der Rechnungshof spricht hier von einer „auffälligen Konzentration auf einen Heimbetreiber“.

Geschäftsführer der FSD ist Reinhold Voht, zugleich Landesvorsitzender der AWO und früherer Mitarbeiter des Bezirksamtes Steglitz. Der früher im Sozialamt tätige Beamte ist noch bis 1999 beurlaubt. Daß er Kontakte aus seiner früheren Beschäftigung genutzt hat, um Aufträge zu erhalten, hat Voht gegenüber der taz zurückgewiesen. Es handle sich um eine „Schmutzkampagne der Grünen gegen die Arbeiterwohlfahrt Steglitz“, hieß es in einer FSD-Stellungnahme.

Doch das Schreiben des Rechnungshofes notiert: Die Vermerke des Bezirksamtes zum Angebot des FSD, das Heim in der Wupperstraße zu betreiben „sind vom deutlichen Bemühen gekennzeichnet, der Fa. FSD den Zuschlag erteilen zu können“. „Des weiteren war die Fa. FSD offensichtlich weit vor dem Termin der ,Ausschreibung‘ über das Vorhaben informiert und hatte daher unberechtigt Wettbewerbsvorteile erlangt“, heißt es weiter. Das Ausschreibungsverfahren sei mangelhaft gewesen und verstoße gegen die Landeshaushaltsordnung, stellt die Prüferin zudem fest.

In dem noch laufenden Prüfverfahren beanstandet der Rechnungshof auch, daß durch fehlende Lehrstandskontrolle Gelder verschwendet wurden. Allein im Containerdorf am Ostpreußendamm seien zwischen Juni und August 1994 an die FSD 80.000 Mark Ausfallszahlungen wegen Leerstand gezahlt worden. „Es stellt sich hier auch die Frage, ob die Einrichtung in dieser Größenordnung erforderlich war“, heißt es in dem Schreiben. Weitere 100.000 Mark Ausfallszahlungen mußte der Bezirk an die FSD zahlen, weil zwischen März und Dezember 1995 das Heim an der Wupperstraße unterbelegt war.

Die Steglitzer Bündnisgrünen haben inzwischen Akteneinsicht für den Rechnungsprüfungsausschuß der BVV durchsetzen können und wollen Stadtrat Rudolf zu den „Ungereimtheiten“ befragen. Er müsse für den „Filz“ und die „Schlamperei“ in seiner Abteilung zur Verantwortung gezogen werden. Von dem Einschalten der Anti-Korruptions-Arbeitsgruppe der Justizverwaltung erhoffen sich die Grünen jedoch nicht allzu viel. Die Arbeitsgruppe führt keine eigenen Ermittlungen durch, sondern sammelt Verdachtsfälle, die sie an die Staatsanwaltschaft weiterleitet.

Im Vorstand der Arbeiterwohlfahrt sind die Steglitzer Ungereimtheiten zwar diskutiert worden. Auf die Frage, ob Reinhold Voht als Landesvorsitzender für die AWO noch tragbar sei, sagte AWO-Sprecherin Angelika Rix: „Die Frage hat sich so nicht gestellt.“ Vorstandsmitglied Jürgen Schlieter erklärte gar: „Das ist keine Angelegenheit, die die AWO tangiert.“ Dorothee Winden

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