: „Mehr Verkehr statt weniger“
■ Die Krake Automobil ist kaum zu bezwingen, meint Ex-VW-Vorstand und Umweltmanagement-Professor Ulrich Steger
taz: Herr Steger, die Greenpeace hat sein Dreiliterauto präsentiert. Kommt jetzt die Ökowende der Autoindustrie?
Ulrich Steger: Soweit sind wir noch nicht. Die Autohersteller erweitern gerade ihr Angebot. Sie nehmen langsam Abschied vom Konzept des Universalautos, das man für alle Gelegenheiten nutzen kann: Urlaub, Einkauf, Fahrt zur Arbeit. Statt der großen Limousinen wollen sie lieber mehr Spezialfahrzeuge wie Landrover und kleine Citycars verkaufen.
Im Klartext: Der Straßenverkehr nimmt zu, und zu, und zu ...
Alles spricht dafür. In den USA fahren 1.000 Einwohner durchschnittlich 600 Wagen, in der Bundesrepublik Deutschland gegenwärtig erst rund 500.
Mercedes probt eine kleine Revolution. In einem Pilotversuch nutzen Angestellte gemeinsame Firmenfahrzeuge. Einige verzichten auf den eigenen Wagen und fahren angeblich weniger.
Ich bin skeptisch, ob sie tatsächlich weniger fahren. Denn Sie können sich schnell mal das Fahrzeug nehmen, das sie gerade brauchen – im Sommer das Cabrio und den Geländewagen im Winter. Was bringt das der Natur? Auch das Massengeschäft der Autovermietung zeigt, daß damit die Fahrerei eher noch zunimmt.
Angenommen, die Autoindustrie stellt in ein paar Jahren Dreiliter- und Elektroautos her – werden die einen nennenswerten Marktanteil erobern?
Weil Durchbrüche in der Batterietechnik in den nächsten 15 Jahren nicht zu erwarten sind, bleibt das Elektroauto zu teuer und hat eine zu geringe Reichweite. Deshalb findet es nur wenige Käufer. Allerdings: Dreiliterautos können im innerstädtischen Verkehr einen Anteil von 25 Prozent erreichen.
Den Autokonzernen geht es bei ihren Neuerungen wohl darum, mit den Kleinwagen einen zusätzlichen Markt abzuschöpfen.
Da ist was dran. Das Dreiliterauto ist der klassische Zweitwagen und das Elektroauto der Drittwagen. Zusätzlich steht auch in Zukunft der große Pkw in der Garage. Damit besucht man am Wochenende die Verwandten.
Die Grünen glauben zu wissen, wie man das Auto zähmt: Der Benzinpreis muß hoch. Werden dann weniger Fahrzeuge verkauft?
Das halte ich für eine Illusion. Man kann die Firmen zwingen, spritsparende Wagen herzustellen, aber nicht, ihre Produktion zu senken.
Danke für das Gespräch. Interview: Hannes Koch
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