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Grenzenloser Handel über den Pazifik

Auf dem seit gestern tagenden asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgipfel wird es spannend: Entwickelt sich die Apec vom losen Forum zu einer neuen gigantischen Freihandelszone?  ■ Aus Manila Jutta Lietsch

Als der frühere amerikanische Präsident George Bush in Japan beim Staatsbankett in einem Schwächeanfall vom Stuhl rutschte, schien dies geradezu symbolisch für den Stand der US-amerikanisch-japanischen Beziehungen: Bis zum Umfallen hatte Washington die Japaner gebeten, ihre Märkte zu öffnen. Die Japaner sollten daher endlich auch amerikanische Autos fahren und amerikanischen Reis essen.

Tokio reagierte jedoch mit eisiger Höflichkeit. Das riesige Handelsdefizit der Amerikaner gegenüber Japan (noch 1995 lag es bei 60 Milliarden Dollar), erklärten sie, sei verständlich: Japanische Autos und andere Produkte seien einfach besser als amerikanische. Außerdem habe jedes souveräne Land das Recht, seine Industrien zu schützen und die Ernährung zu sichern.

Solche Konflikte sollen in Asien fortan der Vergangenheit angehören. Seit gestern beraten in Manila die Wirtschaftsminister der 18 Mitgliedstaaten der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperation (Apec) über den Traum einer riesigen Freihandelszone zwischen Asien und Amerika, in der sich Geld, Güter und Geschäftsleute ungehindert bewegen können. Vor allem die USA wollten damit verhindern, daß sich in Fernost ein Gegenstück zur „Festung Europa“ entwickelt.

Noch vor zwei Jahren, beim Apec-Treffen im indonesischen Bogor, schien diese Vision in greifbarer Nähe. Zuerst würden die entwickelten Länder wie Japan, die USA und Australien ihre Märkte ganz öffnen und alle Einfuhrzölle und andere Hemmnisse aufheben – bis spätestens zum Jahr 2010. Die ärmeren Staaten würden in zehn Jahren folgen.

Doch obwohl die 18 Staatschefs unter der freundlichen Sonne Indonesiens diesem Ziel zustimmten, ist die Euphorie der Verfechter des freien Handels inzwischen verflogen. Selbst die USA, die am lautesten für eine völlige Liberalisierung geworben haben, sind plötzlich zurückhaltend, wenn es um konkrete Schritte geht.

In Manila sollen die Apec-Mitgliedstaaten, in denen über vierzig Prozent der Weltbevölkerung leben und über die Hälfte aller Güter produziert werden, nun genau erklären, welche Zölle und welche Subventionen sie in den kommenden Jahren abbauen wollen. Der philippinische Gastgeber der Konferenz war vom mageren Ergebnis der vorgelegten „individuellen Aktionspläne“ so schockiert, daß er noch Anfang November seine Kollegen aufforderte, doch bis spätestens 2003 die Zölle auf den meisten Produkten auf höchstens fünf Prozent zu senken.

Die Zurückhaltung der meisten Länder, die Handelsgrenzen zu öffnen, ist verständlich: Der Erfolg der asiatischen Tiger-Staaten wie Südkorea und Taiwan und der aufstrebenden Länder wie Malaysia und Thailand beruht auf Barrieren, die den Aufbau eigener Industrien ermöglichten. Selbst Indonesien, das in den letzten Jahren laut der Liberalisierung das Wort geredet hatte, ist noch lange nicht dazu bereit.

Krasses Beispiel ist die neueste Idee, als Konkurrenz zu japanischen und amerikanischen Mittelklasse-Vehikeln eine „nationale Autoindustrie“ aufzubauen. Dafür griff die indonesische Regierung zu einem bewährten Mittel: Während japanische und amerikanische Mittelklassewagen mit enorm hohen Zöllen und Steuern belegt sind, werden Käufern des „Timurs“ diese hohen Kosten erlassen. Dabei kann der „Timur“ bislang noch nicht einmal in Indonesien selbst produziert werden, sondern läuft in Südkorea vom Band.

Die in Manila versammelten Geschäftsleute und Politiker, so meinen Experten, werden zwar weiterhin von großen Torten reden, in der Praxis aber kleine Brötchen backen. Das sind zum Beispiel Apec-Visa für Manager oder vereinfachte Abfertigung beim Zoll. Für die meisten Teilnehmer soll die Konferenz gleichzeitig die Tagung der Welthandelsorganisation (WTO) im Dezember in Singapur vorbereiten. Eines der wichtigsten Themen wird die freie Verbreitung von Informationstechnologie sein. In Manila präsentieren die Amerikaner einen entsprechenden Vertrag: Bis zum Jahr 2000, so der Plan Washingtons, sollen auf Computer, Software, Faxmaschinen und Telefonen keine Zölle mehr liegen.

In den Mittelpunkt könnte rücken, was eher an den Rand der Apec-Tagung gehört: Bilaterale Treffen der Staats- und Regierungschefs. US-Präsident Bill Clinton will zum Beispiel mit dem Chinesen Jiang Zemin das Verhältnis zwischen Washington und Peking verbessern – und gleichzeitig die Chinesen ermahnen, die internationalen Handelsregeln anzuerkennen.

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