: Bonn wußte von der Mauss-Mission
Bundesregierung schließt aber Dienstverhältnis mit dem in Kolumbien verhafteten Multiagenten Werner Mauss aus. Nach Angaben der kolumbianische Presse arbeitete Mauss für Siemens ■ Von Severin Weiland
Bonn/Berlin (taz) – Der deutsche Multiagent Werner Mauss hat seine Mission in Kolumbien mit Rückendeckung der Bundesregierung durchgeführt. Das bestätigte gestern Regierungssprecher Peter Hausmann. In diesem Zusammenhang habe auch der Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung, Bernd Schmidbauer (CDU), mit Mauss gesprochen. Ein Amts- oder Dienstverhältnis zwischen dem Agenten und Bonn schloß Hausmann allerdings aus. Der Agent sei in „humanitären Fragen“ in dem südamerikanischen Land unterwegs gewesen.
Der 56jährige Mauss und seine Begleiterin waren am Wochenende auf dem Flughafen der kolumbianischen Stadt Medellin verhaftet worden. Zuvor hatten sie Brigitte Schöne, Ehefrau eines Ex- BASF-Managers, durch ein Lösegeld von 1,8 Millionen Mark von der kolumbianischen Guerilla ELN freigekauft. Schöne war am 15. August gekidnappt worden.
Der deutsche Honorarkonsul von Medellin, Helmut Lücker, verteidigte nach Angaben der kolumbianischen Tageszeitung El Tiempo die Tatsache, daß Mauss für sich und seine Begleiterin sowie für die Geisel falsche Pässe bei sich trug. Damit hätten sie „ihre physische Integrität“ und die von Frau Schöne schützen wollen, die mit einer Maschine nach Venezuela ausgeflogen werden sollte.
Entgegen den Äußerungen des bundesdeutschen Regierungssprechers scheint Mauss nicht nur in humanitären Angelegenheiten unterwegs gewesen zu sein. Nach Berichten der kolumbianischen Presse soll er unter anderem als Mittelsmann für Siemens beim Bau der U-Bahn in Medellin engagiert gewesen sein. Bei Mauss wurde zudem ein Brief des kolumbianischen Exsenators Eduardo Mestre gefunden, der wegen Kontakten zur Drogenmafia einsitzt. In diesem Schreiben wird Mauss wegen eines Geschäftsabschlusses zur Zahlung von 50.000 Dollar an den Regierungsberater und Vetter des Innenministers, Jorge Serpa, aufgefordert. Dieser trat gestern zurück, nachdem er Kontakte zu Mauss eingeräumt hatte.
Nach kolumbianischen Presseberichten war Jorge Sepra Berater der Einwohnermeldebehörde des Landes, die der Firma Siemens den Auftrag für ein 92 Millionen Dollar teures Datenverarbeitungsprojekt zugeschustert hatte. Die Vergabe soll nun überprüft werden.
Mauss' Verhaftung brachte gestern die kolumbianische und deutsche Regierung in Zugzwang. Kolumbiens Innenminister Horacio Serpa erklärte nach Angaben der Tageszeitung El Espectador, daß er sich im Juli vergangenen Jahres bei einer Deutschlandvisite sowohl mit Schmidbauer als auch mit Mauss und dessen Ehefrau Michaela getroffen habe. Ob Schmidbauer dabei mit Mauss zusammentraf, ging aus der kolumbianischen Presse nicht hervor.
Der Kontakt sei durch einen alten kolumbianischen Bekannten von Mauss hergestellt worden, so Serpa. Der Multiagent sei unter dem Namen „Klaus Mollner“ aufgetreten. Bei seinen Treffen mit deutschen Offiziellen sei es um mögliche Friedensgespräche mit der Guerilla gegangen. Der Sprecher der Bundesregierung, Hausmann, bestätigte gestern das Treffen mit dem kolumbianischen Innenminister. Dabei sei über Möglichkeiten für eine Beendigung der politischen Gewalt gesprochen worden.
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