■ Standbild: Muselmania
„Der heilige Krieg“, ARD/ „In Allahs und in Gottes Namen“, ZDF, beides Do., 23 Uhr, ZDF)
Manchmal sind im Fernsehen die Jungs von der Aufklärung dran, so wie neulich. Im Ersten waren ganz viele Muslime zu sehen, die waren moslemisch – im Zweiten auch. Man hat ja keine Ahnung. Andreas Krammer vom ZDF weiß das. Tapfer erklärte er uns die Sitten und Gebräuche des türkischen Muselmannes in Deutschland. Und wie früher im Tierfilm war da eine Horde Muslime zu sehen mit einem tierischen Organisationstrieb. Denn egal ob barfüßig interviewt oder nicht: Alle gehörten irgendwelchen religiösen Vereinen an. Mal standen sie unter Beobachtung des Verfassungsschutzes, mal nicht. Mal holperte ihnen ein theokratischer Versprecher über die Lippen, mal nicht. Schon bald war klar, daß hinter dem scheinbar so nüchternen Drall der Montage die große Keule des altdeutschen Schulmeisters geschwungen wurde. Und im Sound des Nachrichtensprechers erklang das Urteil: Wir müssen diese Muslime noch mehr tolerieren, „nur so kann den Radikalen der Fußboden entzogen werden“. Aufklärung ist staatstragend und Lessing tot.
Mehr eigene Meinung versprach uns Kurt Stenzel von der ARD. Er knallte uns ein paar rotflammende Holy- War-Bilder vors Auge und zeigte uns dann „den Vormarsch der Fundamentalisten“. Wer sich nun auf die Telekom-Aktionäre gefreut hatte, der sah statt dessen nur Muslime. Mal mit Schleier, mal mit Bart, mal mit Gewehren. Der Fundamentalist leidet am Ontologischen und setzt die Worte eins in eins. Das zeugt Gewalt. So lautete die Botschaft. Ganz so, als hätte die Bildersprache des Fernsehens nicht auch ihre Grammatik, die sie durchsetzen will, mit aller Gewalt. Marcus Hertneck
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