■ Daumenkino: Liebe u.a.
Ein niedliches Schneewittchen huscht zu fröhlicher Musik aus den Fünfzigern eine goldbraun retuschierte Treppe hinunter. Sofort kommt Feuilletonisten-Paranoia auf. Ein weiterer unerträglicher Slacker-Film?
Entwarnung: Die Sache spielt in Australien und nicht in den USA. Hier sind junge Menschen auf der Suche nach Liebe, Gesellschaft, Geld und – vor allem – Wohnungen. Ein Tag im Studentenleben der Mittzwanziger Alice, Mia, Ari und Michael, letzterer ein wiedergeborener Elvis. Mia ist lesbisch, sehr hübsch. Sie lacht wie Kate Smith in „Drei Engel für Charlie“ und lügt wie gedruckt, kann aber nichts dafür. Alice ist jemand, der konsequent und schüchtern an seinem Glück vorbeistolpert; auch mit der Magisterarbeit – Titel „Doris Day as a feminist warrior“! – kommt sie nicht so recht voran. Das romantische Gespräch mit Ari, als erstklassiger George-Clooney-Verschnitt der Schönling des Campus, erschöpft sich in „Hi“ und „Bye“. Aris Lebensmotto immerhin ist wunderbar: „Probier alles aus, außer Inzest und Volkstanz.“ Auch Michael-Elvis zwo wäre eigentlich ein ansprechendes Modell Mann – mit Sinn für Doris Day –, trägt aber leider bestickte Hemden, was dazu führt, daß er von Alice nicht in Betracht gezogen wird. Der Mitbewohner kotzt ihm beim Zähneputzen ins Waschbecken. So geht's nicht weiter.
Liebe und andere Katastrophen ist der Debütfilm der Australierin Emma-Kate Croghan. Croghan tut gut daran, nicht einen Millimeter von der Twen-Perspektive abzuweichen; nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen. Das Wichtigste ist die vollkommene Abwesenheit geklonter Illustrierten-Charaktere. Sogar Croghans Seitenhiebe auf Quentin Tarantino und Spike Lee sind charmant und nicht peinlich – die sind berühmt, aber ich bin aus Australien. AW
„Liebe und andere Katastrophen“. Regie: E.K. Croghan
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