: Das Schweigen Hennemanns
■ Ausschuß will Aussage per Gerichtsbeschluß erzwingen
Friedrich Hennemann hat gestern vor dem Untersuchungsausschuß die Aussage verweigert. Der Ausschuß will jetzt vor das Amtsgericht ziehen, um den Ex-Vulkan-Chef durch die Zahlung eines Ordnungsgeldes doch noch zum Reden zu bringen. „Ich habe mich zum ersten Komplex umfassend geäußert. Das ist vom Ausschuß nicht gewürdigt worden“, begründete Hennemann seinen Sinneswandel gegenüber der taz. Außerdem habe ihm sein Anwalt geraten, die Aussage zu verweigern. Wie berichtet hatte sich Hennemann Anfang November (siehe taz 6.11) vor dem Untersuchungsausschuß zum Vulkan-Desaster geäußert und die CDU- Senatoren Ulrich Nölle (Finanzen) und Hartmut Perschau (Wirtschaft) für die Pleite des Schiffbaukonzerns verantwortlich gemacht.
Seine zweite Vernehmung sollte gestern die Umstände erhellen, die zum Wechsel des ehemaligen Senatsdirektors in die Chefetage des Vulkans führten. Frühere Zeugen widersprachen sich darin, ob Hennemann in den Vorstand „geholt“ oder „gschickt“ wurde. Außerdem sollte der Dienstvertrag Hennemanns mit dem Land Bremen, der ihn als Vulkan-Chef ausdrücklich ermächtigte, auch bremische Belange wahrzunehmen, thematisiert werden. Zu Beginn der Sitzung des Untersuchungsausschuß hatte der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende Wilhelm Scheider eingeräumt, den Dienstvertrag unterschrieben zu haben. Bei seiner Vernehmung Ende Oktober hatte Scheider zunächst ausgesagt, er hätte nichts von dem Dienstvertrag gewußt. Der Vertragsabschluß sei für ihn „eine Formalie“ gewesen, mit der Hennemann seine Pensionsansprüche sicherstellen wollte, sagte Scheider gestern. „Hennemann wollte die Brücken nicht abbrechen. Und bei einem solchen Himmelfahrts-Kommando wie dem Vulkan war das ja auch verständlich.“ Hennemann selbst sei mit dem Vertrag zu ihm gekommen, berichtete Scheider. Er bestätigte auf Nachfrage, daß Hennemann im Dezember 1986 vom Aufsichtsrat einstimmig in den Vorstand berufen wurde. Das Protokoll dieser Sitzung läßt den Schluß zu, daß Hennemann anwesend und sich somit selbst gewählt hat. „Daran kann ich mich nicht erinnern“, sagte Scheider und räumte ein, daß dies „sehr ungewöhnlich“ wäre. „Ich habe nicht mitgestimmt. Ich bin rausgegangen“, betonte hingegen Hennemann vor Journalisten. Gegenüber dem Untersuchungsausschuß hielt jedoch er an seiner Aussageverweigerung fest. Da gegen seinen Mandanten mehrere Ermittlungsverfahren anhänig seien, habe er das Recht die Aussage zu verweigern, sagte Felix Dörr aus Frankfurt, der Anwalt Hennemanns. Ob die Fragen zeitlich und inhaltlich mit diesen Verfahren in Verbindung zu bringen seien, spiele keine Rolle. kes
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