: Zwerge mit besonderen Ansprüchen
■ Viele kleine Banken zahlen ihren Kunden keine marktüblichen Zinsen. Dafür bieten sie gute Konditionen für ökologische und soziale Projekte. Nicht allein die Gewinnmaximierung zählt, sondern der gesellschaf
Sie ist nicht größer als die Volksbank einer deutschen Kleinstadt. Nach achtjähriger bundesweiter Werbung konnte sie allerdings nicht einmal 0,003 Prozent aller bundesdeutschen Spareinlagen an sich ziehen. Trotzdem ist sie in den Medien wesentlich öfter präsent als so manche Großbank: Die Rede ist von der „Ökobank“, die nun neben den Filialen in Frankfurt und Freiburg auch in Berlin, Nürnberg und anderen Großstädten präsent sein will.
Der hohe Grad ihrer Bekanntheit hat sich für die 11.208 Gründer und Tausende nachfolgende Bankgenossen – ein Anteil kostet nach wie vor 100 Mark – aber noch nicht rentiert. Das achtstellige Genossenschaftskapital blieb bis heute unverzinst.
Auch die meisten Sparprodukte verlangen von den Kunden gegenüber marktüblichen Angeboten teilweise einen Zinsverzicht, damit man den Kreditnehmern günstige Konditionen („Förderkredite“) für ökologisch oder sozial besonders interessante Vorhaben bieten kann.
Durch die bisher eher schwache Ertragsentwicklung – nach Erreichen der Gewinnzone lag der Jahresgewinn nur bei einigen hunderttausend Mark – konnte der Großteil von weit über zwei Millionen Mark der Anfangsverluste aus den Jahren 1988 bis 1990 noch nicht abgebaut werden.
Erst durch die Ausgabe von sogenannten „Sicherungssparbriefen“ engagierter Genossen gelang der Ökobank Mitte 1996 die Aufnahme in den Einlagensicherungsfonds. Drohte der Bank Konkurs, wären zumindest die Einlagen der Kunden gerettet.
Trotzdem wird 1996 das Wachstum bei den Spareinlagen und der Bilanzsumme voraussichtlich etwas unter den eigenen Erwartungen bleiben. Erst in den nächsten Jahren wird man über weitere Filialen und die schon eröffneten Repräsentanzen einen Schub neuer Kunden verspüren.
Auch für Stammkunden werden neue attraktive Leistungen angeboten. So wird morgen beispielsweise ein „Call-Center“ eröffnet. Jeder Kunde kann nunmehr mit einer persönlichen Geheimnummer seine Aufträge telefonisch, schnell und unbürokratisch bearbeiten lassen. Mangels technischer Möglichkeiten hatte die Ökobank bei ihrem Start diesen Service noch nicht bieten können, sondern auf das Modell „Briefbank“ gesetzt. Nachdem aber zwischenzeitlich zahlreiche Großbanken das Prinzip „Direktbank“ entdeckten und auch die Technik dafür verfügbar ist, will auch die Ökobank nicht zurückstehen. Die Zahl ihrer Mitarbeiter wird dadurch bis Jahresende auf rund 60 steigen. Die Ökobank hat mit ihren verschiedenen Sparbriefangeboten beispielsweise in den Bereichen Frauen, Selbstverwaltung und Umwelt oder Einzelprojekten wie gepa-Dritte-Welt- Handel viel in Bewegung gesetzt.
Ebenfalls viel erreicht – das aktuelle Projekt ist die „Stiftung Neue Energien“ – hat die in der Öffentlichkeit weit weniger bekannte Bochumer „GLS Gemeinschaftsbank“. Schon seit Jahren bestehen auch Vertretungen in Hamburg, Stuttgart und München. „GLS“ steht für „Gemeinschaft Leihen und Schenken“. Die Gemeinschaftsbank ist eine Vollbank nach deutschem Recht (Mindestgenossenschaftseinlage 200 Mark plus weitere 200 Mark Haftkapital). Kredite werden nicht nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung, sondern nach dem gesellschaftlichen Stellenwert des Kreditnehmers vergeben. Die in den 70er Jahren gegründete GLS- Bank fördert beispielsweise Waldorfschulen und biologisch-dynamische Landwirtschaft.
Rund 20.000 Sparer und Genossenschaftsmitglieder haben ihr Einlagen von über 150 Millionen Mark anvertraut, so daß die Größenordnung der Bilanzsumme schon fast an die Ökobank heranreicht. Im Angebot der GLS-Gemeinschaftsbank finden sich beispielsweise Sparkonten, Beteiligungsfonds für regenerative Energien oder für ökologische Landwirtschaft, spezielle Wohnbriefe wie „Forum Kreuzberg Berlin“ und „Wohnungsgenossenschaft München“ sowie Waldorfschul- Sparkonten und Termineinlagen. Eine fundierte Beratung bekommt man auch in allen Schenkungs- und Erbschaftsfragen. Wer will, kann sein Geld auch in dreierlei Spendenfonds – Entwicklungshilfefonds, Studienfonds, Entschuldung von Strafgefangenen – stecken.
Wer mit Krediten gemeinnützige Aufgaben wahrnimmt, zahlt bei der Gemeinschaftsbank keine Zinsen. Vielmehr tragen die Kreditnehmer die Kosten „ihrer“ Bank. Das System der „Kostendeckungsumlage“ macht die Kosten der Bankarbeit transparent. Eine geringere Verzinsung der Spareinlagen kommt so unmittelbar und in voller Höhe den Kreditnehmern zugute.
Daß die kostendeckende Umlage der GLS-Bank im Durchschnitt der letzten 20 Jahre zwischen 2 und 4,5 Prozent pro Jahr lag, hängt zum einen mit dem Willen der Sparer zusammen, die geförderten Projekte zu unterstützen. Zum anderen braucht die GLS keine Gewinne auf Kosten ihrer Kreditnehmer zu erwirtschaften – sie hat deutlich geringere Kreditausfälle als üblich.
Neben Ökobank und GLS-Gemeinschaftsbank gibt es in Deutschland noch einige andere Institute mit teilweise sozialem Anspruch. Die „Bank für Sozialwirtschaft“ (BfS), in Berlin zur Zeit der Wirtschaftskrise 1923 als „Hilfskasse gemeinnütziger Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands“ gegründet, dient heute mit 10 Zweigstellen als Fachbank der Freien Wohlfahrtspflege und vielen gemeinnützigen Einrichtungen als Hausbank.
Nicht nur beratend tätig ist die „Paritätische Geldberatung“ mit Sitz in Wuppertal, die 1986 von Mitgliedern des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Nordrhein-Westfalen gegründet wurde. Sie kann laut Satzung bis zu einem Volumen von 1 Million Mark auch Gelddarlehen (Kreditgeschäft) gewähren und Bürgschaften und Garantien für andere übernehmen (Garantiegeschäft). In Zusammenarbeit mit der BfS wird darüber hinaus ein „Paritätischer Sparfonds“ (Volumen rund 3 Millionen Mark) unterhalten, aus dem zinsgünstige Darlehen an soziale Einrichtungen vergeben werden.
Die noch kaum bekannte „Bank für kleine und mittlere Unternehmen“ in Berlin – Vorstand Marlene Kück hat sich in der Selbstverwaltungsszene und als Buchautorin einen Namen gemacht – wirbt derzeit nicht nur um Spareinlagen, sondern auch um weitere Aktionäre. Die letzte Kapitalerhöhung wurde kürzlich zu einem Aktienpreis von 60 Mark für die 50-Mark-Stammaktie plaziert, jetzt werden Vorzugsaktien ausgegeben. Mit einem vorläufigen Halbjahresüberschuß von 2 Millionen Mark ist die noch sehr junge Bank, die schon zahlreiche neue Arbeitsplätze in Klein- und Mittelbetrieben finanziert hat, auch finanziell gut dabei.
Im Vergleich zu anderen Ländern sind in Deutschland auch Kirchenbanken stark vertreten, die nicht nur für karitative Einrichtungen eine wichtige Finanzierungsfunktion haben. Fast alle Kirchenbanken sind genossenschaftlich organisiert. Eine Ausnahme ist das „Steyler Missionssparinstitut“, das als GmbH schon weit über 100 Millionen Mark im Sinne des „Missionssparens“ veranlagt: Die Sparer verzichten auf ihre Zinsen, dafür erhalten Missionare Spenden.
Zwei der Kirchenbanken, die „Evangelische Darlehnsgenossenschaft Münster“ (DGM) und die „Landeskirchliche Kredit-Genossenschaft Sachsen“ (LKG) unterstützen als Sponsoren auch die vierjährige Öko-Rating-Serie des Informationsdienstes „Öko-Invest“. Die DGM bietet seit 1993 in Verbindung mit der Vereinigten Evangelischen Mission in Wuppertal den Solidaritätssparbrief „Eine Welt“ (Minimum 1.000 Mark), bei dem die Zinsen „der Projektarbeit der Vereinigten Evangelischen Mission (VEM) in Afrika und Asien“ zugute kommen. Ähnlich arbeitet auch die Kölner „Pax- Bank“ zugunsten des katholischen Hilfswerkes Misereor.
Seit 1994 gibt es bei der DGM auch einen „GFS-Sparbrief für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ (Minimum 5.000 Mark), für dessen Projektbegutachtung und Bewertung der Darlehensanträge das Institut für Ökonomie und Ökumene SÜDWIND (Siegburg) zuständig ist.
Im Zuge der steigenden Nachfrage auf dem sozialökologischen Bankensektor will sich auch die Nürnberger „Umweltbank i.G.“ ihren Anteil sichern. Das Projekt des ehemaligen Ökobankvorsitzenden Horst Popp drohte jedoch Ende 1995 mangels Kapitalakquise zu scheitern.
War es vor einem Jahr noch die schleppende Kapitaleinwerbung – beim Tempo der damaligen Vertriebskoordinatorin WABAG, die im zweiten Halbjahr 1995 nur rund 0,7 Millionen Mark vermitteln konnte, hätten nicht einmal die seither angefallenen Kosten gedeckt werden können –, sind es derzeit eher „formale“ Hürden, die der sehnlich erwarteten Bankzulassung im Wege stehen. Obwohl man in Sachen Kapitalsammlung nun mit rund 45 Millionen Mark dem selbst gesetzten Ziel (50,5 Millionen bis Jahresende) schon sehr nahe gekommen ist, ist es keinesfalls sicher, ob die im April 1996 beantragte Bankzulassung noch vor Jahresende erteilt wird. Denn seit acht Wochen dürfte die Umweltbank i.G. aufgrund einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Nürnberg nicht einmal den Namen „Umweltbank“ verwenden, weder für Werbemaßnahmen noch anderweitig.
Ausgerechnet die Wort(bild)marke „Umweltbank“, für die die im Besitz des Ehepaares Popp stehende D.U.T. UmweltTreuhand GmbH auf Dauer – eine entsprechende Ertragssituation vorausgesetzt – eine jährliche „Markenrechts“-Vergütung von 0,2 Promille der Bilanzsumme beansprucht, wird den Nürnbergern nun von der Firma F&V Finanz& Vermögen Management GmbH aus München streitig gemacht, die denselben Namen schon früher beim Patentamt angemeldet hat. Gestern, am 29. November nachmittags, das Ergebnis kam leider nicht mehr vor Redaktionsschluß an, sollte die mündliche Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Nürnberg stattfinden. Für den Fall, daß Popp diesen Markenstreit verliert, wurden bereits vorsorglich Ersatznamen für eine schnelle Umbenennung angemeldet.
Sollte die Zulassung verweigert werden, steht für die Anleger eine zweistellige Millionensumme auf dem Spiel. Popp wird vorgeworfen, daß er seine inzwischen über 2.500 Anleger bis heute noch nicht von den Problemen hinter den Kulissen informiert hat. Sollte es nicht zur Zulassung kommen, wird er sich wohl auf einige Schadenersatzprozesse vorbereiten müssen.
Wenn es hingegen klappt und die Umweltbank AG 1997 wie geplant über 40 Millionen Mark Spareinlagen sammelt, dürften die Nürnberger die Ökobank hinsichtlich des Volumens in wenigen Jahren überholt haben. Max Deml
Der Autor ist Herausgeber des Branchendienstes Öko-Invest. Kontakt: Schweiztalstr. 8-10, A-1130 Wien.
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