: Handwerkspräsident ohne Eigenschaften
■ Dieter Philipp (CDU) ist neuer Cheflobbyist des deutschen Handwerks
Aachen (taz) – Das Auffälligste an Dieter Philipp, seit Donnerstag neuer Präsident des deutschen Handwerks, ist seine frappierende Unauffälligkeit. Der wertkonservative 53jährige wirkt seit über zwanzig Jahren für die CDU im Aachener Stadtrat. Er steht der örtlichen Handwerkskammer vor und war von 1989 bis 1994 zweiter Bürgermeister.
Der Alltägliche galt als guter Repräsentant, nicht aber als politischer Macher. Als 1994 ein CDU- Kandidat für den machtvollen Posten des hauptamtlichen Oberbürgermeisters gesucht wurde, zogen die Aachener Christdemokraten einen externen smarten Unternehmensberater ihrem biederen Fahrensmann Philipp vor.
Malermeister Philipp (35 Angestellte) gilt politisch als wenig arbeitnehmerfreundlich und ist voll auf Bonner Kabinettslinie: Rentenalter anheben, Lohnfortzahlung kürzen, Kündigungsschutz lockern. Dazu ist er ein erbitterter Gegner von Ausbildungsabgaben („aus der Mottenkiste der Planwirtschaft“). Handwerker, so Handwerker Philipp, sollen mit der Hand werken. Also propagiert er einen Gesellenbrief light mit abgespecktem Theorieteil. Motto: Schnellqualifikation gegen Lehrstellenmisere. Gewerkschafter schimpfen das Schmalspurausbildung. Für den Menschen Philipp finden auch politische Gegner kaum Schelte. Ein Mann, mit dem man immer reden kann, heißt es sogar bei den Aachener Grünen. Skandale: Fehlanzeige. „Man kann nichts Böses über ihn sagen.“ Visionen sind nicht bekannt. Große Entwürfe, Vorhaben, Konzepte gegen die derzeitige Pleitewelle im Handwerk fehlen, und das wo der Verlust weiterer 50.000 Arbeitsplätze in 1997 droht. Weitsichtig ist nur Philipps Brille.
Er ist kein Managertyp, keiner für den Vordergrund, statt dessen loyaler Mitläufer aus dem Mittelstand. In Aachen gibt man sich lokalpatriotisch erfreut, gleichzeitig aber verwundert. Philipps Reden gelten hier als legendär langweilig und inhaltsarm. In einem Radiointerview sollte er seine präsidialen Perspektiven erläutern. Ihm fiel auch auf mehrmaliges Nachfragen nichts ein. Nur: Von seiner „inneren Befindlichkeit“ her sei das deutsche Handwerk in einer „hervorragenden Position“, dessen Errungenschaften es gegen alle europäischen Liberalisierungstendenzen zu verteidigen gelte. Einer sagte noch, mit seiner Wahl habe Dieter Philipp „die höchste Stufe seiner Inkompetenz erreicht“. Aber auch das klang nicht böse, einfach als Feststellung. Bernd Müllender
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