: Serbiens Opposition läßt sich nicht einschüchtern
■ Trotz Drohungen der Regierung wieder Großdemonstrationen gegen Milošević. Gegen Abend sollen in der Nähe der Demonstranten zwei Panzer aufgefahren sein
Belgrad (AP/taz) – Tausende Studenten haben gestern den Drohungen des Innenministers zum Trotz gegen den serbischen Präsidenten Slobodan Milošević demonstriert. Sie setzten sich damit über polizeiliche Warnungen hinweg, unangemeldete Kundgebungen nicht mehr zu dulden. Gegen abend soll sich nach einem Agenturbericht die Situation zugespitzt haben. In der unmittelbaren Nähe der Demonstranten sollen zwei Panzer aufgefahren sein.
Zuvor marschierten rund 10.000 Studenten bei Schnee und eisigen Temperaturen durch Belgrads Straßen. Einige trugen Blumen oder Transparente mit der Aufschrift „Wir sind keine Faschisten“. Dies war offenbar eine Reaktion auf Äußerungen des Präsidenten des serbischen Parlaments, Dragan Tomić, der die Massendemonstrationen als „profaschistisches Herumtoben“ verurteilt hatte. Die Studenten erklärten in einem Brief an die Polizei: „Wir wollen keine Gewalt. Worte sind unsere einzige Waffe.“ Polizei war bei dieser Kundgebung zunächst nicht zu sehen. Augenzeugen berichteten aber, Busse mit Polizisten aus dem ganzen Land seien in den Vororten Belgrads eingetroffen.
Oppositionsführer Vuk Drašković sagte: „Wenn Belgrad zeigt, daß es keine Angst hat, wird der Sieg unser sein. Wir sind nur noch einen halben Schritt vom Sieg entfernt. Wir werden Gewalt mit Gewaltlosigkeit schlagen.“ Der Oppositionspolitiker Zoran Djindjić erklärte, die Opposition werde die Proteste auf andere Städte in Serbien ausdehnen.
Nachdem die Polizei bislang nicht gegen die Kundgebungen vorgegangen war, hieß es am Sonntag abend, die Demonstranten trügen die Verantwortung, wenn sie das Gesetz brächen. Normalerweise müssen Demonstrationen von der Polizei genehmigt werden. Kundgebungen in der Belgrader Innenstadt sind verboten.
Als Zeichen für ein härteres Vorgehen der Sicherheitskräfte wertete die Opposition ein Urteil gegen fünf Demonstranten, die Regierungsgebäude mit Eiern beworfen haben sollen. Die fünf wurden zu Haftstrafen verurteilt, ohne daß gesagt wurde, wie lang die Haftstrafe sei und in welches Gefängnis sie gebracht würden.
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