■ Urdrüs wahre Kolumne: Dicke Backe, riskiert zum Fest
Lars H. aus Walle berichtet dem Kolumnisten ihres berechtigten Urvertrauens von einem Vorfall in der Spaßkasse Wartburgstraße, bei dem ein eventuelles HBV-Mitglied (weiblich) im Schalterdienst einem mutmaßlichen DAG-Mitglied (männlich) mitteilt, man müsse irgendeinem Türken aus irgendeinem Grunde das Maul mit einer Handgranate stopfen. Und desweiteren erzählt die Bankerin (das Wort hören Sie gern!) von einer von ihr in Hamburg, vermutlich beim Musical-Besuch, beiläufig in Augenschein genommenen Demo von lauter Negern, die dann auch noch lauthals dafür plädiert hätten, sie „als Menschen“ an- und wahrzunehmen. Und dann, empört sich Lars W., haben beide gelacht zwischen schmutzigen Scheinen und dreckigen Talern. Lieber Lars: Warte mal so drei, vier Wochen ab, dann hat Knecht Ruprecht wieder Zeit für solch Gesindel.
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Um unser solidarisches Mitgefühl bitten derzeit wieder mal die von erhöhtem Arbeitsanfall vital bedrohten LehrerInnen Bremens, und diesem Ansinnen der GEW möchte ich mich verschließen. Solange jedenfalls, wie die Lämpels nicht ein für allemal solche Arschkrampen in ihren Mitgliedslisten streichen wie jenen SOWI-Lehrer, der im Ergebnis eines für ihn unbefriedigenden Debattenverlaufs in seinem Laberfach eine mir nur zu gut bekannte 16jährige Schülerin nötigte, 90 mal den Satz aufzuschreiben: „Ich darf zu meinem Lehrer nicht Frischling sagen!“ Einverstanden, Alter! Wie wäre es stattdessen mit Steißtrommler, Tapetenwichser oder Kempowski-Leser?
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Angesichts des Mini-Streiks der vom Verlust sämtlicher Bauherrenmodelle bedrohten norddeutschen Dentisten begegnete mir gestern ein fröhlicher Mensch mit dicker Backe: „Mein Zahnarzttermin ist wegen Streik geplatzt“, frohlockte der mir empfindungsmäßig durchaus verwandte Angsthase. Und wenn die Eiterbeulen platzen, wird er doch noch als Notfall behandelt. Ob Seehofer das gewollt hat?
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Daß Patent-Sozi Christian Weber für den Verkauf von GEWOBA und BREMISCHE plädiert, ist angesichts der Diskrepanz zwischen seiner Interessenlage und der seiner Wähler kein Thema. Wenig erstaunlich aber auch, wie schnell Alt- und Neugenosse Peter Sörgel seine Lektion auf der Kriechspur der Kröte gelernt hat und die Zustimmung zum Verschleudern der Mieterinteressen für das bißchen Linsengericht als senatorischer Hütten-Abteilungsleiter hergibt: Wie die Materie im Reich der Ideen aufräumt, das haben wir Ewiggestrigen schließlich alle mal beim ollen Marx studiert.
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Die Begeisterung und der En-thusiasmus, mit der die Saturierten aller Strömungen in Bremen für die finanzielle Förderung der Präsentation jener luxurierenden Afterkunst eintreten, die in schlichter Noblesse als DESIGN-KULTUR daherkommt, läßt jeden kalt, der weiß, daß die schönsten Löffel auf dem Kaufhalle-Frühstücksbuffet gereicht werden. Jeder Versuch formaler Neudefinition heißt nix als Blech aus Blech zu machen. Und bleibt mir weg mit Eurer Flötotto-Gesamtkultur, solange es noch Teekisten gibt.
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Schön, daß rechtzeitig zum Nikolaustag feststeht, daß die Freie Waller Fleet-Republik mit ihrer Parzellenkultur vorläufig nicht unter den Baggerzahn kommt. Deshalb wollen wir Freunde des freien Landmanns auf stadtnaher Scholle auch ein bißchen Dankbarkeit zeigen mit anderen Verdammten dieser Erde und verzichten auf unser Kopien-Guthaben bei „Copyright“ im Ostertor, wenn die Locker-Flocking-Jobs erhalten bleiben.
Ulrich Ruprecht-Reineking
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