: Erstes Zugeständnis an die Opposition
■ Zwei Vertraute des serbischen Präsidenten treten zurück. Belgrad verspricht Verzicht auf Gewaltanwendung. EU setzt Entscheidung über Handelserleichterung aus. Neue Studentenproteste
Belgrad (AFP/dpa/taz) – Zweieinhalb Wochen nach Beginn der Massenproteste in Serbien gibt es ein erstes Anzeichen für Zugeständnisse der Regierung an die Demonstranten. Kurz nacheinander traten zwei Vertraute des serbischen Präsidenten Slobodan Milošević zurück, die von der Opposition scharf kritisiert wurden.
Nach Zeitungsberichten gab gestern Informationsminister Aleksander Tijanić sein Amt auf. Er war für die Schließung der zwei unabhängigen Radiosender B-92 und Index verantwortlich. Am Mittwoch abend war bereits der Chef von Miloševićs Sozialistischer Partei (SPS) in Niš, Mile Ilić, zurückgetreten. Ihm wird von der Opposition Wahlbetrug vorgeworfen.
Der Rücktritt Tijanićs vom Posten des Informationsministers wurde zunächst nicht bestätigt. Mitarbeiter des Fernsehsenders BK teilten jedoch mit, Tijanić sei auch vom Amt des Fernsehdirektors zurückgetreten. Das Oppositionsbündnis „Gemeinsam“ berichtete am Mittwoch abend, wegen der Demonstrationen seien bereits 50 Menschen festgenommen und verurteilt worden. Nach Angaben eines Rechtsanwaltes erhielten die Oppositionellen kein rechtsstaatliches Verfahren. Die einzigen „Beweise“ gegen die mutmaßlichen Gewalttäter seien Aussagen von Polizisten gewesen. An der bislang größten Protestdemonstration in Belgrad hatten am Mittwoch abend rund 150.000 Menschen teilgenommen. Gestern zogen wieder mehr als 30.000 Studenten durch die Straßen Belgrads. „Wir werden unsere Aktion so lange fortsetzen, bis unsere Forderungen erfüllt werden, notfalls auch bis ins nächste Jahr hinein“, sagte ein Mitglied des Organisationskomitees. „Und wir werden Erfolg haben.“
Die Studenten forderten den Rücktritt des Rektors der Belgrader Universität, Dragutin Velicković, der die Protestaktion der Studenten öffentlich verurteilt hatte. Die Demonstranten wurden von Passanten unterstützt, die ihnen zuriefen: „Wir sind bei euch, Ihr seid die Jugend unseres Landes.“ Zahlreiche Menschen warfen Konfetti auf die Demonstranten und ließen Luftballons steigen.
Angesichts der Massenproteste vertagte die Europäische Union erneut ihre Entscheidung über Handelserleichterungen für Belgrad. Die USA machten der serbischen Regierung klar, daß Belgrad nicht in den Kreis der Nationen zurückkehren könne, wenn die Regierung weiter die Opposition unterdrücke und die freie Presse knebele. Der serbische Außenminister Milan Milutinović sagte nach US- Angaben dem US-Vizeaußenminister Strobe Talbott zu, daß Belgrad keine Gewalt gegen die Demonstranten anwenden werde.
Siehe Debatte Seite 10
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