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Böger: Zwölf muß in die Verfassung

■ SPD-Fraktionschef will mit offenem Visier für zwölf neue Bezirke werben. Innensenator scheut die nötige Zweidrittelmehrheit. Den Demokratieverlust durch Einrichtung vieler Bürgerbüros wettmachen

Die Große Koalition steuert bei der Bezirksreform auf eine neue Auseinandersetzung zu. Streitpunkt ist das Verfahren. Während Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) darauf dringt, in mehreren Gesetzesschritten die Bezirke politisch-administrativ neu zu fassen, beharrt die SPD-Fraktion auf einer klarstellenden Verfassungsänderung. Berlin hat bereits mehrfach versucht, die für die meisten Verwaltungsvorgänge zuständigen 23 Bezirke neu zu ordnen. Diesmal sollen es 12 Bezirke werden.

SPD-Fraktionschef Klaus Böger bekräftigte, daß Verfahrenstricks beim neuen Zuschnitt der Bezirksgrenzen mit ihm nicht zu machen seien. Das heißt: Die SPD will schon in der Verfassung die Zahl der Bezirke festschreiben. Innensenator Schönbohm aber wird dem Senat am Dienstag vorschlagen, in der Verfassung lediglich einen neuen Satz einzufügen – ohne darin eine Zahl zu nennen: „Das Gebiet von Berlin ist in Bezirke eingeteilt.“ Erst danach soll ein Gebietsreformgesetz und ein Bezirksverwaltungsgesetz folgen, in denen per einfacher Mehrheit Zahl und Struktur der Bezirke bestimmt würden.

Schönbohm hofft, auf diese Weise die schwierig zu erreichende Zweidrittelmehrheit für eine Verfassungsänderung zu schaffen. Vier AbweichlerInnen würden eine Mehrheit der Koalitionsfraktionen von CDU und SPD verhindern. Klaus Böger plädiert hingegen für ein Verfahren „mit offenem Visier“. Die Koalition sollte von Anfang an mit der Zahl 12 in der Verfassung um die Zweidrittelmehrheit werben. Der Fraktionschef liebäugelt dem Vernehmen nach damit, über eine freie Abstimmung ohne Fraktionszwang zum Ziel zu gelangen. Die SPD-SenatorInnen Fugmann- Heesing, Peschel-Gutzeit und Strieder allerdings haben Schönbohms Variante abgezeichnet.

Ungeachtet des Verfahrensdisputs zeichnet sich inhaltlich ein Kompromiß ab. Nach Informationen der taz sind sich die Senatoren Schönbohm und Strieder weitgehend einig, den Verlust an kommunalpolitischer Bürgernähe durch die verstärkte Einrichtung kundenfreundlicher Bürgerbüros wettzumachen. Die Innenverwaltung bestätigte, daß „grundsätzliches Einverständnis“ bestehe, bei der Bezirksreform eingesparte Gelder in den Aufbau von Bürgerbüros umzuleiten.

Stadtentwicklungssenator Peter Strieder schlägt dem zuständigen Innensenator in einer der taz vorliegenden Stellungnahme vor, bei einer räumlichen Neugliederung der Bezirke „in den bisherigen Rathäusern und je nach Bedarf an weiteren Orten dezentralisierte, leicht erreichbare Bürgerämter“ einzurichten. Diese seien so auszustatten, daß alle Verwaltungsangelegenheiten der BürgerInnen „schnell und effizient“ bearbeitet werden können.

Zudem fordert Strieder, die Senatsverwaltungen gründlich zu reformieren und die Zahl der Bezirksverordneten bei einer Reform von 45 auf 71 zu erhöhen. Das sei nötig, um die demokratische Substanz der entstehenden Großstädte von je 300.000 EinwohnerInnen zu bewahren.

Die dezentralen Bürgerbüros mit Allzuständigkeit gibt es bereits in Weißensee und Köpenick, in anderen Bezirken ist ihre Einrichtung geplant. In Weißensee etwa können sich die BürgerInnen mit allen Anfragen an das Büro wenden. In den meisten Fällen können die MitarbeiterInnen helfen, Antragsformulare auszufüllen oder Kontakt zu den Fachverwaltungen herzustellen. Auch nichtstaatliche Beratungsangebote gibt es im gutbesuchten Bürgerbüro – etwa für Senioren, Jugendliche auf Lehrstellensuche oder Arbeitslose. Christian Füller

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