piwik no script img

Verwaltungskosten senken

■ betr.: „Krankenkassen wollen klü ger sparen“, taz vom 29. 11. 96

Hier werden die geplanten Maßnahmen der Krankenkassen, die Grundlage ist die 3. Stufe der Gesundheitsreform, recht blauäugig dargestellt; sprich: Es geht fast ausschließlich um die sogenannte Positivliste für Medikamente und die Ärzte, und jede/r NormalbürgerIn hat sofort ein Feindbild parat, welches sich auf die Gewinne der Pharmaindustrie und Ärzte bezieht.

Ein „Hurra“ den Kassen, endlich wird den Großverdienern an den Kragen gegangen ...?! Denkste! Schön wäre es ja, aber weiß es der Verfasser wirklich nicht besser? Glaubt wirklich jemand, daß in diesem Lande nicht der normal verdienende Mensch der Dumme sein wird?

Die ersten Stufen der Gesundheitsreform wurden mit der guten ambulanten Versorgung begründet, welcher nun der Garaus gemacht werden soll.

Egal? Egal! Es betrifft uns ja nicht ... Noch haben wir uns nicht ein Bein gebrochen oder ein künstliches Gelenk, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt bekommen. Und Angst haben wir auch nicht ... und wenn er kommt, dann laufen wir ... eben nicht mehr. Endgültig Schluß mit lustig. Außer, ja außer: Wir gehören zu den Großverdienern, und uns kann es nicht weiter tangieren, wenn wir rehabilitative Maßnahmen selbst bezahlen müssen.

Wir werden auch nie nicht allein in unserer Wohnung sitzen, alt, gebrechlich und blind und auf fremde Hilfe (häusliche Krankenpflege) angewiesen sein. Diese wird ab jetzt – die Krankenkassen haben die Verträge mit den Pflegestationen gekündigt, und es wird ab jetzt nach dem Modulsystem (jede Leistung erhält eine bestimmte Punktzahl = Einführung der Akkordarbeit bei Pflegebedürftigen durch die Hintertür) abgerechnet – wie folgt aussehen: Damit eine Pflegestation überleben kann, dürfen sich die Mitarbeiter nicht mehr viel Zeit nehmen, sondern „hecheln“ von dem einen zum anderen; die Bedürfnisse der Menschen, für die meist nur noch die Pflegekräfte als AnsprechpartnerInnen da sind, fallen unter den Tisch, welcher – gnädig – von einem großen Tuch bedeckt wird, damit wir es nur ja nicht zur Kenntnis nehmen müssen.

Genau in diesen, oben geschilderten Bereichen soll vor allem gespart werden. Der „Witz“ an der Sache ist nur, daß die Kosten (zum Beispiel für häusliche Krankenpflege gerade mal zwei bis drei Prozent des Budgets) hierfür gering sind, und die Kassen wirklich mehr einsparen können, wenn es diese Positivliste geben würde und wenn sie die Verwaltungskosten senkten! Dort fallen die meisten Kosten an. [...] Elisabeth Anders, Berlin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen