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Gansel will Kiel für sich gewinnen

■ Der SPD-Bundestagsabgeordnete Gansel strebt nach Höherem: 1997 will er in Kiel Oberbürgermeister werden

Kiel (taz/AP) – Er hat schon als Streifenpolizist, auf der Werft und im Bergbau gejobbt – jetzt will es Norbert Gansel als Oberbürgermeister versuchen. Wenn voraussichtlich Ende Mai 1997 der Kieler Oberbürgermeister erstmals in Direktwahl bestimmt wird, steht der 56jährige als SPD-Kandidat zur Verfügung – „für meine Vaterstadt, in der ich mein Leben lang zu Hause bin und die ich liebe“. Das erklärte Gansel gestern in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt. Der gebürtige Kieler sitzt seit 1972 für die Landeshauptstadt im Bundestag, bei der letzten Wahl 1994 holte er 52,7 Prozent. Gansel gilt innerhalb der SPD als unbequem und „Moralist“. Der 56jährige veröffentlicht regelmäßig seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse und verbringt einen Teil seines Urlaubs alljährlich als Praktikant in einem Industriebetrieb. Im U-Boot-Untersuchungsausschuß des Bundestags verfolgte er dunkle Waffengeschäfte deutscher Rüstungsbetriebe. Momentan ist er stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Im Rahmen der „Schubladenaffäre“ fiel Gansel auf, weil er sich vom damaligen Kieler Ministerpräsidenten und Freund Björn Engholm distanzierte. Dieser trat kurz darauf zurück, Gansel war „Königsmörder“.

Der bisherige Amtsinhaber Otto Kelling (SPD) war am vergangenen Donnerstag mit den Stimmen von SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen abgewählt worden. Ihm waren mangelnde Kompetenz im Umgang mit der Verwaltung vorgeworfen worden. Zudem sahen es die Kieler nicht gern, daß ihr Bürgermeister es nicht für nötig erachtete, mit seiner Familie in die Landeshauptstadt zu ziehen. Sie wohnte bis zuletzt in Iserlohn, wo Kelling früher Stadtdirektor war. Schließlich mußte Kelling auch noch eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen das Landesbeamtengesetz zahlen. fg

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