piwik no script img

Phantasie statt Ausverkauf

■ Bündnisgrüne und Jusos stellen Alternativen zur Veräußerung der Bewag vor: Verflechtung mit anderen Stadtwerken oder Berliner Klimaschutz-Holding

Energiedienstleistung ist das Zauberwort, mit dem gestern der bündnisgrüne Abgeordnete Hartwig Berger und der Landesvorsitzende der Jusos, Matthias Linnekugel, zwei Alternativen zum Bewag-Verkauf vorstellten. Die eine sieht die Verschränkung der Bewag mit anderen kommunalen Stromerzeugern vor, die andere schlägt eine Berliner Holdingfirma unter Einschluß der Bewag vor. Der Vorteil laut Grünen und Jusos: Berlin hätte Einnahmen aus dem Verkauf der Bewag-Anteile und würde doch nicht den Einfluß auf das Unternehmen verlieren.

Mit den Vorschlägen versucht diese rot-grüne Koalition, den Ausverkauf des Energieunternehmens an Strommonopolisten zu verhindern. Beiden vorgestellten Modellen liegt ein Gedanke zugrunde: Klimaschutz durch eine Kooperation regionaler Energieversorger. Nicht mehr der reine Verkauf von Strom soll im Vordergrund stehen, sondern ökologische Energiepolitik. Das erste Modell, „Überregionale Klimaschutz-Allianz“, sieht einen Verbund mehrerer regionaler Energieversorger vor. Die Stadtwerke Köln, die Hamburger HEW, die Bewag und andere sollen nach diesem Modell eine Klimaschutzbeteiligungs- GmbH gründen. Das Stammkapital der Gesellschaft würde aus den Eigenmitteln der jeweiligen Energieversorger zusammengesetzt, und die beteiligten Stadtwerke könnten Aktienanteile der GmbH kaufen. Die Länder und Städte erhielten bei dem Kreuzgeschäft das Geld aus dem Verkauf, ohne daß die Steuerung der Energiepolitk verlorenginge.

Unter dem Motto „Phantasie an die Macht“ machte sich Hartwig Berger auch für ein zweites Modell stark. „Klimaschutz Berlin GmbH“ könnte eine Gesellschaft aus der Bewag, der Gasag, der BVG und dem Land Berlin heißen: Daran beteiligen sich diese Unternehmen aus Eigenmitteln. Mit dem Kapital der Holding würden dem Land seine Bewag-Anteile zur Hälfte, also 25 Prozent, abgekauft, eventuell auch die Anteile an der Gasag; die Holding wäre zuständig für Energiedienstleistungen im Sinne der Klimaschutzpolitik. „Energiewerke sind für Kommunen sichere Gewinn-, Verkehrsbetriebe dagegen notorische Verlustunternehmen“, erklärte Berger. Er erwartet einen jährlichen Gewinn der Holding von 100 Millionen Mark.

Zur Untermauerung ihrer Alternativmodelle präsentierten Berger und Linnekugel eine Stellungnahme von Nikolaus Richter, Projektleiter Energie beim Wuppertal Institut für Klima. Der Energiewissenschaftler favorisiert darin ebenfalls die „Berliner Lösung“: die Mobilisierung stiller Reserven bei Erhalt der energiepolitischen Steuerung für das Land – wie in beiden gestern präsentierten Modellen vorgesehen. Barbara Junge

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen