Nasepopeln wie vor zwanzig Jahren

■ Monster Magnet fallen freiwillig und in immer kürzeren Abständen ins Zeitloch

Wie bitte? Dave Wyndorf, Amerikaner um die 30, langhaarig, passionierter Sonnenbrillenträger und Kopf eines Quartetts namens Monster Magnet, das bislang das Weltplattenarchiv um vier Veröffentlichungen mit unterschiedlich Fetthaltigem bereicherte, sagt, er verstünde die Band nicht als Teil des 70s-Revivals? Nein? Worauf beziehen sich denn dann Titel wie „Dopes To Infinity“, „Vertigo“, „Longhair“, „Freak Shop USA“ oder der Schlachtruf der Band: „It's a satanic drug thing, you wouldn't understand“? Und aus welcher Suppe entstammen die Farben der Cover, der vor kurzem erst veränderte, schnörkelige Schriftzug der Band, die blubbernde Lightshow auf den Konzerten? Aber vor allem: Woher kommt sie denn, diese Musik, der nichtendenwollende Fuzz, dieser nebulös ewiglich nachhallende Rock, der nur aus Gitarre zu bestehen und Drogen auszudünsten scheint? Direkt aus dem All vielleicht? Scheint so. Um 1991 empfingen Wyndorf und seine drei Hänger, die er auf verschiedenen Tankstellen gefunden hat, einen besonders starken Impuls und nahmen, von kosmischer Energie getränkt, ein 33minütiges Stück losgelösten, bis zum Wahnsinn wiederholten Rocks auf. Dieses „Tab“ genannte Opus Magnum ihrer Kreativität, das sie bis zum heutigen Tag in handlichen, teilweise auf Radiogröße gebrachten Portionen weiterverkaufen, birgt all jene Magie, die Monster Magnet innewohnt. Es ist – keine Überraschung – die Wiederholung. Die Wiederholung der grauenhaften 70er, die ihrerseits wahrscheinlich afrikanische Zeremonien wiederaufnahmen, oder gregorianische, oder cromagnonische, oder Rituale aus dem Tierreich. Die Wiederholung im Großen, im Leben, in Geburt und Tod, und im Kleinen, im Stück, im Riff, im Atmen, im Nasepopeln.

Dies alles ist eine aufregende Geschichte aus den ungewaschenen Randbezirken der Pop-Kultur und hat mit den Siebzigern – wie wir eben gelernt haben – nur zufällig zu tun. Es ist nur einfach so, daß in regelmäßigen, im Zuge digitaler Kommunikation kürzer werdenden Abständen ähnliche Energiekonstellationen auf der Erdoberfläche Kulturäußerungen hervorbringen, die penible Erbsenzähler vermeinen, schon einmal genauso gehört zu haben. Der Unterschied und damit auch die Lebensberechtigung Monster Magnets liegt darin, daß wir heute alle können und nicht müssen. Holger in–t Veld

mit Headswim + Sun, So., 26. März, 21 Uhr, Docks