piwik no script img

Studie oder Heilversuch

■ Differenzen im Wissenschaftsausschuß über nmeue Vorwürfe gegen das UKE

Wissenschaftssenator Leonhard Hajen zeigte sich gestern, frisch aus dem Urlaub heimgekehrt, über die neuesten Vorwürfe gegen die Uni-Klinik Eppendorf (UKE) empört. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, daß in den Jahren 1990-92 fünf Speiseröhrenkrebs-Patienten nach einer kombinierten Strahlen- und Chemo-Therapie gestorben waren. Nicht genehmigte Studie, so kritisieren einige Ärzte und die GAL diese Behandlungsmethode. Nicht genehmigungspflichtige Heilversuche, wiegeln das UKE und der Senator ab.

Demgemäß wurden in der gestrigen Sitzung des bürgerschaftlichen Wissenschaftsausschusses heftig Nebelkerzen geworfen. Hätte es sich nämlich um eine Studie gehandelt, hätte diese bei der Ethikkommission angemeldet werden müssen. Zudem wären die Ärzte verpflichtet gewesen, die Patienten gesondert darüber aufzuklären. Dies schreibt die 1975 verabschiedete Deklaration von Helsinki vor. „Es war eine Kombination etablierter Behandlungskonzepte“, betonte aber Prof. Hans-Josef Weh, einer der betroffenen Mediziner. Da die Patienten für diese Behandlung nicht nach dem Zufallsprinzip ausgesucht worden seien, habe es sich nicht um eine Studie gehandelt.

Dennoch blieben Unklarheiten. Denn sowohl der ärztliche Direktor des UKE, Hans-Peter Leichtweiß, hatte noch im Dezember 1994 diese Methode in einem Brief als Studie bezeichnet, als offenbar auch die behandelnden Ärzte selber. Sie hatten ihr Konzept 1991 auf einer Tagung in Dresden so vorgestellt.

Weh bestätigte gestern zudem, daß diese Krebspatienten keine schriftlichen Einwilligungen unterschrieben hätten; bis 1994 sei es im UKE nicht üblich gewesen, vor einer Chemotherapie solche Erklärungen einzuholen. „Warum kann Sozialsenatorin Fischer-Menzel den Chefarzt des Tropeninstituts wegen fehlender Aufklärungsbögen entlassen?“, fragte der GAL-Abgeordnete Peter Zamory den Wissenschaftssenator, „gelten für das UKE etwa andere ethische Werte?“ sako

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen