: Grünes Mäntelchen für Bewag
■ Kleinaktionäre und das Land Berlin stimmen für "Entwicklung regenerativer Energien", aber gegen Solarstrom. Greenpeace: Das Ende der Solarhauptstadt
Die letzte Chance des Landes Berlin, als Mehrheitseigentümer am Stromerzeuger Bewag konkrete Weichen für die Solarhauptstadt zu stellen, ist vertan. Bei der gestrigen Hauptversammlung der Bewag-Aktionäre, bei der das Land zum letztenmal vor dem geplanten Aktienverkauf als Eigentümer von 50,8 Prozent der Aktien auftrat, verabschiedete die Versammlung zwar eine Satzungsänderung, nach der die Bewag die „Weiterentwicklung von dezentralen, rationellen und regenerativen Energieerzeugungssystemen und deren Markteinführung“ betreiben soll. Aber die ebenfalls geforderte kostendeckende Einspeisevergütung für Solarstrom, die nach der Vorstellung von Umweltschützern eine solare Gründerzeit auslösen würde, wurde abgeschmettert.
Bei der Aussprache der Aktionäre wurden etwa 100 Anträge von kritischen Aktionären vorgebracht. Tenor: Die Bewag mißachte durch die Weigerung, Solarstrom kostendeckend zu vergüten, nicht nur die Forderungen von Senat und Abgeordnetenhaus und drücke sich um die Verantwortung für die Klimapolitik, sondern sie verschlafe auch eine Zukunftstechnologie. Ein Antrag, mit dem die kostendeckende Einspeisevergütung konkret festgeschrieben werden sollte, kam auf klägliche 1,1 Prozent der Stimmen, die Anträge des Vorstandes wurden dagegen mit dem realsozialistischen Ergebnis von 99,9 Prozent Zustimmung abgenickt, unter anderem die Dividenerhöhung auf 8 Mark.
Der Vorstandssprecher der Bewag, Dietmar Winje, hatte in seiner Eröffnungsrede deutlich gemacht, daß er von der Solarenergie als Zukunftstechnologie nichts hält: „Eine kostendeckende Einspeisevergütung halten wir für nicht marktkonform und deshalb ungeeignet“, beschied er knapp die kritischen Aktionäre: Energiesparen sei für die Reduktion von CO2 sinnvoller, Photovoltaik „nur darin beispielhaft, zu zeigen, wie teuer die Erzeugung einer Kilowattstunde Strom sein kann und wie billig ihre Einsparung“.
In den vier unternehmerischen Zielen kommt Umweltschutz nicht vor. Wichtig ist es dagegen laut Winje, die Bewag für den Wettbewerb auf dem europäischen Strommarkt fit zu machen: Dazu gehörten die mögliche Stillegung von Kraftwerken und die Drosselung der verfügbaren Leistung um 30 Prozent sowie ein Personalabbau von 20 Prozent und der Einstieg ins Kommunikationsgeschäft.
Für Carsten Körnig von Greenpeace ist mit der Ablehnung der Einspeisevergütung „die Idee von der Solarhauptstadt zu Grabe getragen“ worden. Er kritisierte besonders Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD), die sich in ihrer Funktion als Aufsichtsrätin nicht für die Solarenergie stark gemacht hatte. „Wenn man die Beschlüsse von Senat und Abgeordentenhaus sieht, muß man sagen, Frau Fugmann-Heesing hat die Berliner Politik verraten“, sagte der Grennpeacler. Bernhard Pötter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen