■ Vorschlag
: Dope für die Augen: Die Bilder von Susan McKinley im Amerika Haus

Kann man mit einem Saxophon ein Bild beschreiben? Man kann – und soviel sei gesagt: Am Anfang standen da drei Saxophone im Amerika Haus, wie Orgelpfeifen aneinandergereiht und etwas verloren zwischen den riesigen, auf den ersten Blick abstrakten und farbgewaltigen Bildern von Susan McKinley zur Eröffnung ihrer Ausstellung. Das Ganze trägt den Titel „Eris“, so wie die griechische Göttin des Streits und Haderns. Sie war diejenige, die auf einer Hochzeit im Olymp ungebeten einen goldenen Apfel mit der Widmung „Der Schönsten“ in die Runde warf. Der Ausgang der Geschichte ist bekannt. Hera, Athene und Aphrodite, die gleichermaßen für sich in Anspruch nahmen, die Schönste zu sein, ließen auf Anraten Zeus' Paris das Urteil fällen. Der wiederum ließ sich von Aphrodite bestechen, kürte sie, erhielt dafür die schöne Helena zur Frau und zettelte damit den Trojanischen Krieg an. Und nun standen dort diese drei Instrumente, die – natürlich – nicht in einen Wettstreit miteinander traten. Dafür zog ein Saxophonist mit seinen Melodien die Gäste in einer Schlange hinter sich, um sie, eingelullt von der Musik, vor den Bildern McKinleys meditieren und Geschichten zu ihnen erfinden zu lassen.

Zugegeben, Dope für die Ohren beschleunigt die Entdeckungen von Figurationen in den Arbeiten McKinleys. Da hat ein Bild den Titel „Aufbruch“, und man meint darin eine bunte Menge graziler Körper zu sehen. In roten, blauen, gelben und grünen Tupfern schweben sie auf einem grauen, schlierigen Grund dahin. Die „Verwandlung“ erinnert an eine Vergrößerung aus einem Bosch-Gemälde – ein einzelner Eierkopf mit nur einem Glubschauge. Die Phantasie gebiert eben Ungeheuer und Kobolde, läßt man ihr freien Lauf. Für McKinley selbst, die nach ihrem College-Abschluß in New York Film- und Bühnenaufbau in Rom studierte und anschließend in Berlin Meisterschülerin bei Professor Marwan an der Hochschule der Künste war, sind es hingegen meist Kriegerinnen, Amazonen, die aus ihrem Innersten herausdrängen. Sollte man nun darüber streiten, wer was in ihren beeindruckend dicken Farbschichten sieht? Vielleicht. Nach einer anderen griechischen Sage war Eris diejenige, für die sich Herakles entschied. Statt die schöne Trägheit und damit ein Leben in Saus und Braus zu wählen, nahm er die Frau namens Streit. Die bescherte ihm ein Leben voller Mühen und endloser Kämpfe – immerhin am Ende von großem Ruhm gekrönt, genau wie in den schönsten KünstlerInnenlegenden. Petra Welzel

Susan McKinley: „Eris – Bilder und Werke auf Papier“. Bis 8.1., Mo-Fr 11-17 Uhr im Amerika Haus, Hardenbergstraße 22-24