piwik no script img

Die Gewalt- Spirale

■ Peru: Der Guerilla fehlt eine politische Strategie

Das könnte so ganz nach dem revolutionären Geschmack sein. Militärisch ist der totgeglaubten „Revolutionären Bewegung Tupac Amaru“ (MRTA) ein Husarenstreich gelungen. Der Plot ist eine Mischung aus Hollywood- Schinken und den Stücken von Gabriel Garcia Márquez oder Gioconda Belli über die gelungenen Aktionen der nicaraguanischen Sandinisten in den siebziger Jahren. Aber was wird in Lima gefordert? Nicht die soziale Revolution, nicht die Landreform, nicht die Bestrafung der Menschenrechtsverletzungen des Militärs, nicht die Abdankung eines Diktators, nein: die Freilassung gefangener Guerillakader. Darüber kann auch die Floskel, daß die Regierung für eine „Wirtschaftspolitik zum Wohle der Mehrheit des Volkes“ zu sorgen habe, nicht hinwegtäuschen. Wer wäre, so allgemein formuliert, schon dagegen?

Sicher, für Präsident Alberto Fujimori ist die Geiselnahme Hunderter Vertreter der politischen Elite die peinlichste Affäre seit seinem Regierungsantritt. Hat er sich doch immer damit gerühmt, mit dem Terrorismus „aufgeräumt“ zu haben. Tatsächlich basiert seine Popularität zum großen Teil auf der Verhaftung des Führers des Leuchtenden Pfads, Abimael Guzmán. Damals ging ein Ruck durch das Land. Die Menschen verloren die ständige Angst vor dem Leuchtenden Pfad, die Ober-, Mittel- und Unterschicht gleichermaßen erfaßt hatte.

Mit seinem Putsch etablierte Fujimori eine quasi absolute Macht. Weder politische Parteien noch soziale Bewegungen vermochten es, eine überzeugende Alternative zu ihm aufzubauen. Die gibt es auch bis heute nicht. Über eine politische Strategie verfügt auch die Guerilla nicht. Trotzdem, so mag man denken: Wenigstens zeigt die Regierung Schwäche. Fujimori führt das Land praktisch diktatorisch. Die parlamentarische Opposition hat er sich schon lange vom Halse geschafft, und mit der Verhaftungswelle gegen den Leuchtenden Pfad um 1994 auch gleich eine ganze Reihe Oppositioneller mit hinter Gitter stecken lassen. Bloß: Darum geht es gar nicht. Die Forderung nach der Freilassung der MRTA- Gefangenen klingt wie die Endphase der RAF in Deutschland – der Krieg reproduziert sich selbst. Weshalb er geführt wird, ist längst in Vergessenheit geraten. Bernd Pickert

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen