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■ Bonn: Regierung plant höhere Mehrwertsteuer für EnergieNotnagel Ökosteuer

In der Not fressen auch Liberale Fliegen. Die Bonner Koalition will auf Vorschlag der FDP einen neuen, höheren Mehrwertsteuersatz für den Energieverbrauch einführen. Auf EU-Ebene soll eine solche Erhöhung der Mehrwertsteuer im Januar auf den Weg gebracht werden.

Bundesfinanzminister Waigel hatte von den Liberalen verlangt, ihm eine Gegenfinanzierung zu bieten, damit er den Solidarzuschlag ab 1998 senken kann, wie dies Westerwelle & Co. fordern. Knapp acht Milliarden Mark würden sonst jährlich in der Kasse fehlen. Und nicht nur Waigel scheinen weitere Kürzungen im Haushalt zur Zeit politisch nicht durchsetzbar.

Bisher hatten sich FDP und Union immer schwer damit getan, die Energiepreise zu erhöhen. Eine Lobby aus ADAC, der Auto- und der Chemieindustrie, der Strom- und der großen Mineralölkonzerne hat gemeinsam die Einführung höherer Energiesteuern mit lautem Protest zu verhindern gewußt.

Doch diesmal könnte es für die großen Energieverbraucher ernst werden. Einmal weil es nach der versprochenen Senkung des Solizuschlags ein ganz reales Loch im Haushalt geben wird. Außerdem hat die Idee, die Energiepreise über den Umweg der Mehrwertsteuer zu erhöhen, in der EU derzeit vergleichsweise gute Chancen. Die EU-Kommission bereitet seit Monaten selbst eine neue Energiesteuerinitiative vor, die im Januar der Öffentlichkeit präsentiert werden soll. Kern der Initiative: eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Energie alle zwei Jahre.

Natürlich wird die Industrie auch gegen den neuen Vorschlag wieder mobil machen – in Brüssel haben Auto-, Chemie- und Stahlindustrie schon gemeinsam interveniert. Doch je weniger Spielraum dem Finanzminister und seinen europäischen Kollegen bleibt, desto mehr Hoffnung kann es für den Einstieg in ein etwas ökologischeres Steuersystem geben. Es wird sicher nicht der große Wurf und im Gegensatz zu einer großen ökologischen Reform auch keine neuen Jobs schaffen. Aber es geht wenigstens in die richtige Richtung. Und die Erhöhung ist taktisch klug. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Energie braucht keinen höheren Verwaltungsaufwand. Einmal eingeführt, steht der regelmäßigen Erhöhung der Energiepreise auf diesem Wege nichts mehr entgegen.

Im übrigen gilt das Credo der Ökologen: Die Energiepreise müssen erhöht werden. Hermann-Josef Tenhagen

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