Ein Hobby für reiche Leute

■ Stromerzeugung durch Solarenergie ist derzeit noch sehr teuer. Die Einführung der "kostendeckenden Vergütung" könnte helfen, die Kosten der Photovoltaik zu senken und die Solartechnologie zu fördern - doch die B

Die Erzeugung von Solarstrom, auch Photovoltaik genannt, ist zur Zeit nur etwas für echte Idealisten: Etwa zwei Mark kostet die Kilowattstunde (kWh) Sonnenstrom. Rund 25 Pfennig pro kWh verlangt die Bewag zur Zeit für den aus ihrem Netz bezogenen Strom, für eine in das Netz eingespeiste kWh zahlt sie rund 17 Pfennige. Und für das Förderprogramm des Landes Berlin fehlen die Mittel – schlechte Zeiten für Sonnenstrom-Fans.

Wirtschaftlich ist die Erzeugung von Solarstrom bis jetzt nämlich nur bei sogenannten „Inselstationen“, wie beispielsweise Funktelefonstationen, bei denen die Verlegung der entsprechenden Netzanschlüsse zu teuer wäre. Für den privaten Verbraucher macht sich die Photovoltaik bis jetzt nur selten bezahlt, zum Beispiel in der Kleingartenkolonie oder beim solarbetriebenen Taschenrechner. Wer sich von den Kosten nicht abschrecken läßt, sollte zunächst die Voraussetzungen prüfen: Eine 2-kW-Anlage, die den halben Jahresbedarf eines 4-Personen-Haushalts deckt, benötigt eine nach Süden ausgerichtete Aufstellfläche von etwa 20 Quadratmetern, deren Neigungswinkel zwischen 20 und 50 Grad liegen sollte. Im günstigsten Fall kostet sie etwa 36.000 Mark. Der Käufer kann sich jedes Kilowatt mit 7.000 Mark vom Bund und 2.000 Mark von der Bewag bezuschussen lassen. Damit blieben immer noch 18.000 Mark Eigenbeteiligung.

Billiger würde es werden, wenn der Beschluß des Abgeordnetenhauses zur Einführung der „kostendeckenden Vergütung“ von 1994 endlich umgesetzt würde. Dies ist aber bis jetzt am Widerstand der Bewag gescheitert. Die Stromerzeugung durch Sonnenenergie sei damit, anders als die solarthermische Wärmeerzeugung, vor allem ein „Hobby reicher Leute“, so Sepp Ziegler vom solar- infopunkt, der neben der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) und dem Bewag- Beratungszentrum für regenerative Energie eine der Beratungsstellen ist, bei denen man sich firmenunabhängig informieren kann.

Doch auch in der Photovoltaik hat sich in den vergangenen fünf Jahren viel getan: „Anfang der neunziger Jahre konnte es durchaus vorkommen, daß sich die Anlage bei strahlendem Sonnenschein selbst abschaltete oder die Module korrodierten“, so Uwe Drieling vom Bewag-Beratungszentrum, „das kommt heute so gut wie nicht mehr vor.“ Neu ist auch die Entwicklung von „Solarziegeln“. Für Neubauten kann damit das Aufbaugerüst für die Photovoltaikmodule entfallen. Die Ziegel sehen nicht nur schöner aus, sondern sind auch einfacher zu installieren. Kleiner Wermutstropfen: Die Solarziegel sind immer noch um rund 30 Prozent teurer als herkömmliche Solar-Module. Immer öfter finden sich auch Fassadenverkleidungen, die ganz oder teilweise aus den blauschimmernden Modulen entstehen – High- Tech und Ökologie werden zu einer gefragten Mischung in der Architektur.

Die kostendeckende Vergügung, also die Erstattung der Produktionskosten für den Betreiber einer Photovoltaikanlage bei Einspeisung in das öffentliche Stromnetz, ist eine der umstrittensten Maßnahmen auf dem Energiesektor. Der Berliner Greenpeace- Sprecher Karsten Körnig bezeichnet sie als wirkungsvollste Fördermaßnahme für die Sonnenenergie und schlägt vor, die kostendeckende Vergütung durch eine Umlage auf die Kunden der Bewag zu finanzieren: Jeder Haushalt müßte dann im Durchschnitt 1 Mark pro Monat mehr an die Bewag zahlen.

Nach Auskunft des Solarenergie-Fördervereins e.V. in Aachen zahlen in der Bundesrepublik bereits 18 Städte kostendeckende Preise für Solarstrom, 15 Städte zahlen eine erhöhte Vergütung, in 15 weiteren Städten liegen entsprechende Beschlüsse der Gemeindevertretungen vor. Es ist jedoch nicht allein der noch zu leistende finanzielle Aufwand, der die Photovoltaik so umstritten macht. Photovoltaische Anlagen benötigen zwischen drei und zehn Jahre, bis sie soviel Energie erzeugt haben, wie zu ihrer Herstellung notwendig war. Sie haben damit unter den regenerativen Energieträgen den schlechtesten „energetischen Rücklaufwert“.

Siegfried Knopf, stellvertretender Sprecher der Bewag, kann sich daher eine Förderung der Photovoltaik „nur in Verbindung mit der Förderung anderer regenerativer Energien“ vorstellen. Uwe Hartmann von der DGS hält die kostendeckende Vergütung dagegen für dringend notwendig, um durch Serienproduktion zu Preisnachlässen und neuen technologischen Entwicklungen in der Photovoltaik zu kommen. Sepp Fiedler vom solar-infopunkt hat zudem die Erfahrung gemacht, daß Photovoltaik auch zum sparsameren Energieverbrauch beiträgt: „Wer seinen eigenen Strom herstellt und begreift, wieviel Arbeit dahinter steckt, entwickelt ein ganz neues Gefühl für seinen Energieverbrauch.“

Überraschend bekommt die Photovoltaik aber auch aus wirtschaftlichen Gründen Unterstützung: Für Uwe Goetze, den umweltpolitischen Sprecher der Berliner CDU-Fraktion, ist die Exportförderung ein wesentliches Argument für die kostendeckende Vergütung, da sich die Photovoltaik in den kommenden Jahren zu einem „Verkaufsschlager“ nach Asien und Afrika entwickeln könnte. „Diesen Markt haben auch andere Länder erkannt. Nicht umsonst hat das japanische Forschungsministerium vor zwei Jahren ein Forschungsprogramm mit einem Umfang von über 100 Millionen US- Dollar dazu aufgelegt“, so Goetze. kv