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Die neue Eiszeit erfordert erstklassige Eisbrecher

■ betr.: „Gewerkschaften wollen neues Bündnis für Arbeit“, taz vom 28.12. 96

Auch wenn sich Gewerkschaften und Arbeitgeber über die mögliche Halbierung der Erwerbslosenzahlen bis zur Jahrtausendwende ausnahmsweise einmal einig sind: Die frostige Stimmung in der deutschen Arbeitsmarktpolitik hält an. Trotz aller hehrer Weihnachtsworte von Spitzenvertretern aus Politik und Verbänden fehlen in dieser Eiszeit dringend Menschen, die sich zwischen den starren Fronten als Eisbrecher betätigen und für Tauwetter sorgen.

Das ganze Jahr 1996 war ein Jahr des Stillstandes und des Rückschritts in der für den wirtschaftlichen und sozialen Standort Deutschland doch so zentralen Erwerbslosenfrage. Während für die Gewerkschaften die Abwehrkämpfe gegen das Sparpaket der Bundesregierung im Vordergrund standen, ging es für die Unternehmen weiterhin um pure Gewinnmaximierung. Herausgekommen ist eine Art „Politik der verbrannten Erde“, in der die Bonner Entscheidungsträger eine eher unrühmliche Rolle eingenommen haben.

Auch für das mit Sicherheit durch nicht weniger rührselige Neujahrsansprachen eingeläutete Jahr 1997 steht zu befürchten, daß die Arbeitsmarktpolitik weiterhin ein Stiefkind der deutschen Politik bleibt. Währenddessen wird der Leidensdruck bei den Betroffenen immer größer, verschärft sich der soziale Sprengsatz Arbeitslosigkeit immer mehr. Am meisten leiden die Kinder und Familien unter dieser Situation. [...]

Solange das Erwerbslosenproblem von Kanzler und Regierung ausgesessen wird, solange in der Beschäftigungspolitik kurzfristige Reaktionen vor langfristigen Aktionen überwiegen, solange die Firmenbosse sich ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung zur Arbeitsplatzbeschaffung verweigern – solange wird der Teufelskreis aus steigenden Unternehmensgewinnen und wachsender Armut in Deutschland fortbestehen. Wolfgang Lütjens,

Pressesprecher der Deutschen

Hilfe für Kinder von

Arbeitslosen e.V. (DHK),

Hamburg

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