: Kirch auf dem Weg zur Mehrheit bei Sat.1
■ Holtzbrinck will seine Anteile verkaufen. Patt Kirch – Springer im Aufsichtsrat
Berlin (taz) – Seit 1. Januar dürfen einzelne Medienkonzerne die Mehrheit an Fernsehsendern besitzen – und schon legt Leo Kirch los. Ein Vertrag mit der Holtzbrinck-Gruppe ist offenbar unterschriftsreif, wonach deren Anteil an Sat.1 (15 Prozent) von Kirch übernommen wird. Ein weiteres Prozent will er der Ravensburger Film und TV GmbH abkaufen. Focus hatte am Samstag gemeldet, der Kauf sei bereits vollzogen und Kirch habe dadurch seinen Sat.1- Anteil von 43 auf 59 Prozent erhöht.
Doch diese Meldung wollte gestern die Kirch-Zentrale nicht bestätigen, und die Springer-Zeitung Welt am Sonntag sagte prompt, warum: Der Springer Verlag will nämlich sein Vorkaufsrecht für freiwerdende Anteile ausüben. Springer hält mittlerweile 40 Prozent an Sat.1 – die Hälfte davon direkt, die andere gehört einer Gesellschaft von Verlegern (APF), die seit dem letzten Wochenende ebenfalls von Springer kontrolliert wird – zu 90 Prozent, schreibt die WamS.
Da das Vorkaufsrecht proportional zu den bisherigen Gesellschaftsanteilen ausgeübt werden kann, können Springer und APF zusammen 40 Prozent der jetzt freiwerdenden 16 Prozent an Sat.1 übernehmen, also 6,4 Prozent.
Damit käme Springer insgesamt auf 46,6 Prozent. Kirch dagegen könnte auf maximal 52,6 Prozent erhöhen (falls ein Minipartner, die Neue Medien Ulm TV, mit einem Prozent von ihrem Recht keinen Gebrauch macht). Kirch hätte dann zwar die knappe Mehrheit in der Gesellschafterversammlung – doch im Aufsichtsrat, der aus acht Mitgliedern besteht, gäbe es immer noch ein Patt. Der dortige Holtzbrinck-Vertreter hatte schon in der Vergangenheit immer mit Kirch gestimmt. Ein sogenannter Poolvertrag garantierte Holtzbrinck im Gegenzug Produktionsaufträge (wie Erich Böhmes „Talk im Turm“).
Auch bei anderen Sendern zeichnet sich eine Bereinigung der komplizierten Beteiligungsverhältnisse ab. So hat Springer gerade seine Anteile am stark defizitären Deutschen Sportfernsehen an Kirch abgegeben, der jetzt über 49,4 Prozent verfügt – plus 33,5 Prozent, die sein Partner Berlusconi hält. Michael Rediske
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen