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Fünfte Kolonne der kulturellen Invasion

■ Ein iranisches Fernsehmagazin polemisiert gegen „westlich vergiftete“ und „konterrevolutionäre“ Machenschaften von Schriftstellern und Intellektuellen

Die Fernsehsendung „Hoviyat“ (Identität) sollte zum Pflichtprogramm für alle gemacht werden, die glauben, die Islamische Republik Iran sei aus einem Guß. Die Zusammenstellung des Programms – ein fortlaufender Kommentar zu „westlich vergifteten Iranern, die ihre kulturelle Identität verloren oder verraten haben“ –, sowie die Bilder – eine beängstigende Mischung aus Videoclips von „konterrevolutionären“ Iranern im Ausland auf der einen Seite und prominenten Iranern, die heute im Iran leben und arbeiten auf der anderen – können keinen Zweifel daran lassen, daß es in diesem System brodelt.

Viele Schriftsteller und Intellektuelle, die als Fünfte Kolonne der „kulturellen Invasion des Westens“, für Zionismus und Freimaurertum dargestellt werden, sind Mitarbeiter und Herausgeber durchaus legaler Publikationen. Ezzatollah Sahabi beispielsweise, der in „Hoviyat“ mehrfach angegriffen wurde, ist Geschäftsführer der Teheraner Zeitschrift Iran- e-Farda (Iran morgen). In einem Brief an Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani, der im Juli in der Teheraner Tageszeitung Salam veröffentlicht wurde, bat er darum, sein Recht auf Gegendarstellung in der Sendung zu respektieren:

„Die Sendung ,Hoviyat‘, die bisher zehnmal im iranischen Fernsehen gesendet wurde, hat mehrfach verschiedene Zeitschriften als Basis für die kulturelle Invasion des Westens in den Iran präsentiert und dabei verzerrende Bilder eingesetzt, die, im Verbund mit haßtriefenden Kommentaren, Iran- e-Farda als Zentrum dieser Basis darstellen. Es ist möglich, daß die Regierung meinen politischen, kulturellen oder religiösen Standpunkt nicht mag und sich gegen ihn aussprechen möchte. Dennoch ist angesichts meiner 50jährigen gesellschaftlichen und kulturellen Dienste, von denen zumindest Sie [Rafsandschani] Kenntnis haben, die Behauptung, diese Zeitschrift sei zentrale Basis einer Kulturinvasion des Westens, eine schlimme Beleidigung und Rufmord.

Schlimmer noch: Die beiden letzten Sendungen, die sich besonders auf mich konzentrierten, haben mich nicht nur irreführenderweise mit Personen in Verbindung gebracht, mit denen mich nichts verbindet und die ich nicht kenne; darüber hinaus wurden einem Millionenpublikum selektive Szenen von Videoaufnahmen vorgeführt, die zu der Zeit, als ich 1369 [1990/91] sechs Monate illegal in Haft gehalten wurde, unter schwerem psychologischem Druck für das gefängniseigene Archiv gemacht wurden. Diese Aufnahmen zu zeigen ist ohne jeden religiösen, juristischen oder gesellschaftlichen Wert und schädigt lediglich meinen gesellschaftlichen und politischen Status ...“

Weitere, die in den letzten Sendungen „genannt“ wurden, sind Abbas Maroufi, Reza Baraheni, Esma'il Fassih und erneut Ezzatollah Sahabi. Nilou Mobasser

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