: Keine Eintagstouristen mehr
Helgoland will weg vom Fuselfelsenimage: Mit Hummer, „Kulturpfaden“ und Schnellfähren will die Insel neue Touristen locken ■ Von Sven Bardua
Helgoland will weg vom Fuselfelsen-Image. Immerhin begründet die Nordseeinsel ihren Ruf in erster Linie auf den roten Fels, genannt die „Lange Anna“, und auf den zollfreien Einkauf. Billiger Schnaps lockt immer noch die Tagestouristen, selbst angesichts der Tatsache, daß er bei der Schiffchentour gen Festland nur selten in den Mägen der Landratten bleibt.
Doch nun soll alles anders werden, und Helgolands Kurdirektor Michael Krause weiß auch schon, wie. 1997, so frohlockt er, werden die Touristen wieder in Scharen strömen, und es werden echte Touristen sein – solche, die auch schon mal auf Helgoland übernachten. Eingeläutet wird die bahnbrechende Trendwende seiner Meinung nach mit dem Hotel „Helgoland Karree“. Das eröffnet zwar erst im Februar 1998, aber es wird dann immerhin 165 weitere Betten auf der Insel geben. Und vor allem: Das Hotel wird endlich gebaut. Erst im vergangenen Oktober entschied sich ein privater Investor nach jahrelangem Zögern dazu.
Hinzu gesellen sich weitere Attraktivitäten: 1997 soll das renovierte Nordseeaquarium wiedereröffnet werden. Die Nordseehalle unterzieht man einer Modernisierung. Und ab Mai sorgen moderne Schnellfähren für eine ruhigere und komfortablere Überfahrt zum nördlichsten Zipfel Deutschlands. Die Fahrzeit zwischen der Hochseeinsel und Cuxhaven werde dann nur noch eine Stunde betragen, weiß Krause.
Auch die 1700 HelgoländerInnen nervt das „Fuselfelsen-Image“ gewaltig. Schon vor einem Jahr wandten sie sich per Bürgerentscheid zu rund 80 Prozent gegen alle Aktivitäten, die den schlechten Ruf noch förderten. Seither wird die Außenwerbung in Sachen Tagestourismus stark eingeschränkt. Basarähnliche Straßenbüdchen mit Alkoholika und anderen zollfreien Nettigkeiten verschwinden zusehends.
Künftig, so sieht es ein schon 1985 entwickeltes Tourismuskonzept vor, will Helgoland mit seiner naturnahen Umwelt mehr Gesundheitstouristen und Naturfreunde auf Deutschlands einzige Hochseeinsel locken. Kurz vor Weihnachten wurde für Schöngeister zudem ein „Kulturpfad“ eingeweiht, der Spaziergänger mit einer Reihe von Hinweistafeln zu Literaten, Theatermachern und anderen Kulturschaffenden der Insel führt. Im März soll dann der „Nutzpfad“ fertig sein, der seit dem Sommer fertige „Geschichtspfad“, so weiß der Kurdirektor, sei bereits sehr beliebt. Mit diesen Pfaden könnten Ausflügler die Schönheiten der Insel quasi im Vorbeigehen entdecken. Sie hätten dann ein starkes Interesse, einzelne Anregungen zu vertiefen und bekämen selbst bei Kurzaufenthalten intensivere Eindrücke von der Insel.
„Wir brauchen die Tagestouristen auch in Zukunft, aber wir wollen sie auch für alle anderen Reize der Insel interessieren“, lautet die Tourismusdevise Krauses. Immerhin gebe es auf der Insel ja nicht nur billigen Schnaps, sondern auch wieder den echten Helgoländer Hummer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen