: Kindischer Humor statt Information
■ betr.: „Der Mehringhof im Ram penlicht“, taz vom 24.12. 96
Es ist schön zu erfahren, daß die taz ein Herz für Kinder hat: Ein so großes, daß sie sie schon im zartesten Alter zu Pressekonferenzen schickt. Es handelt sich in diesem Fall um die Pressekonferenz vom 23.12. des Vertreters der Movimiento de Revolución Nacional Tupac Amaru, der aufständischen Gruppe, die die japanische Botschaft in Lima besetzt hält. Die Pressekonferenz fand fast zwei Stunden später statt, was hin und wieder passieren kann, wie es erwachsene Journalisten mit der Zeit lernen, und leider auch ohne die aufstrebende Journalistin der taz. Es ist wirklich schade, denn ihre Fragen hätten ganz bestimmt dieselbe Frische und Unbekümmertheit wie die Witze ihres Artikels gehabt: „Gestern war die internationale Revolution auf dem Vormarsch – im Hinterhof.“ Und dann: „ ... durfte man (also ist der Name Barbara ein Pseudonym?) sich der revolutionären Disziplin des Veranstalters, Peter N., erfreuen: Denn der wollte konsequent weder das Alter noch die politische Verbindung des Tupac- (was soll das Tupac? Kind, wirst du nicht sauer, wenn deine Lehrerin deinen Namen falsch ausspricht?) Vertreters nach Peru preisgeben.“ Da kann ich nur empfehlen: Nichts wie an die peruanische Botschaft, oder einfach an die diplomatische Vertretung der MRTA, die – wie jedes Kind weiß – im Telefonbuch steht. Wie gesagt hat leider die Konferenz ohne Barbara stattgefunden, denn sie (er, es?) hat sich eine Mittagspause gegönnt, in der Annahme, ihre Witze wären interessanter für die taz-LeserInnen als die Aussagen des MRTA-Vertreters, die von der Mehrheit der erwachsenen Journalisten aufgenommen wurden. Auch ich – ich war der Übersetzer – habe die Aussagen auf Kassette aufgenommen und habe sie anderen Journalisten zur Verfügung gestellt und hätte es auch mit Barbara Junge getan. Die Kinderfreundlichkeit der taz ist lobenswert. Wäre es aber nicht besser, Kinder zu Zirkusreportagen zu schicken? Komisch ist nur: Ich kann mich partout nicht erinnern, ein Kind im FDCL gesehen zu haben. Juan Eduardo Gehring
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