Snack op Platt: Eenfach anmeldn
■ Janssen makt keen Diener vör Boverste
Vor mehr als drei Jahren – im Oktober anno 1993 – hat der Bremer Öko-Aktivist Gerold Janssen wieder einmal gemalt. Schmetterlinge und Fledermäuse in figürlicher Darstellung zierten nach einer dreistündigen Malaktion das Pflaster vor dem Siemens-Hochhaus. Doch einige ehrenwerte Amtspersonen vermochten Janssens Kunstauffassung nicht zu teilen und zeigten ihn an. Für fast 5.000 Mark soll der gebürtige Ostfriese Buße tun. Der Angezeigte wittert hinter diesem Ansinnen ein „politisches Verfahren“. Pünktlich zum Prozeßbeginn am heutigen Vormittag um 10.30 Uhr veröffentlicht die taz Janssens Sicht der Dinge – auf Platt, genauer: auf Ostfriesisch. Wohl bekomms...
Wat man unner de Lüngen brengen will, dat mutt sitten. Dat weet ick as een, de dusende van Resolutionen un Flugblaadn verdeelt hett. De hebb ick ook meest all sülvst upsett und ook ruutgevn. Unnern stunn dann mien Naam un „v.i.S.d.P.“, wart so völ heetn sull, as „verantwortlich im Sinne des Presserechts“. Dat wull de Polizei geern hebbn, off mien Staatsanwalt...
De is nu Staatsrat, Herr van Bock un Polach. De sall nu vör Gericht, de arm SKEPSEL. He sall as Staatswalt to minn Arbeid hebbn – seggt man. Och, Heer, nee... Hopntlick geiht hum dat beeter as mi: ICK MUTT DAR JA OOK WEER HEN: Ick sall to völ arbeid hebbn, as Maler... seggt des Stadtgemeinde Bremn... un darför will de van mi fiefdusend Mark hebbn!!!
Un datt, offwall ick so mooi malt hebb – so mooi as noch nooit in mien Lebn. Stiekelswienen, Fleddermusn, Stiekelstargn, Vlappers... Weet Ji wat VLAPPERS SÜNT? So heetn up oostfrees Platt de Schmetterlingen. JA, SCHMETTERLINGN!
Oh Jees' nu bün ick dör de frauger Staatstrat van Bock un Polach heel un dall van de Padd offkomm – jüst dat, wat een Staatsanwalt verhinnern sull. Aber so geiht in't Lebn. Man ick aknn Jau ook verklaarn, wat de Ursake is: Bi een anner Prozeß tegen mit hett he mi raden, wenn ick weer upp Straat maln wull, datt doch eenfach vörher antomeldn. Dann kreeg ick ook de Genehmigung.
Fleitjepiepen! Datt hett mi ook nix hulpen. Dorbi ist dat mooiste KUNSTWARK west, watt ick in mien Lebn up Straat bracht hebb. Tosamen mit meer as twintig anner Umwelthelpers. Dree Stünnen hebbt wi upp de groode Plats um de Siemens-hochus midden in Bremn dar to bruukt, un de Polizei was ook darbi un hett uns tokeeken. Een fraugere bekennde Schauspölerin ut Berlin hett för uns sungen un up de Mundörgel spölt. Een wunnerbar Atmosphäre was dat, as man so seggen deit. Alleen de hoog Direktors van de Siemens AG harn de watt uptegen. De hebbn sogar hör Middageeten staan laaten un bünt so gau as dat geit mit hör Lift van boven na unnem suust. Dann stundn se för mi un ick must uppassn, dat se keen Farfspütters upp hör swatte un blaue Büxn kreegn. Ick was nett de bi, een grode Parole to maln, dat Siemens de heerleke un heel seltene Natur in Uni-Ost vermodn wull – watt dann later ja ook passert is. De Boverste van de Boveren, mit de ick hier in Bremn wegn Uni-Ost faker verhannelt hebb, ebn so as mit de Allerboverste in München, de hett mit Finger upp mi wiest un de annern vertellt: „Das, meine Herren, ist Herr Janssen – und so etwas läßt das Land Bremen sich gefallen!“
Nu harr ick ja eegntlich upstaan mußt un een Diener makn – so hört sück dat, hett man mi mal seggt. Mann ick hebb dann doch wiedemalt, um dat ick ook Fierabnd hebbn wull, un dann to Antwoort gebn: Man heel still, is aall upp Stee. De Polizei is'n heel Tied hier west un hett sogar mien Naam upskreeven, offwall de good wußt hebbn, well ick was. Kann ick dar wat an doan, dat de uns de Farv neet wegnomn hebbn? Se hebbt uns neet mal verbodn, wiede to makn. Seeker wulln se neet stören.
Gerold Janssen
Der Text entstammt einem Anfang Januar gehaltenen Vortrag
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