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Soundcheck

Für viele Musikliebhaber ist es - spätestens seit Haydn - die Krönung der abendländischen Musikkultur: das Streichquartett. Selbst die deutsche Nationalhymne wurde ursprünglich für diese Besetzung geschrieben: Zwei Geigen, Bratsche und Cello. Bei String Thing muß niemand die zweite Geige spielen. Sie wurde einfach abgeschafft. Stattdessen treibt ein Kontrabass den nötigen Groove zu den Stücken des ungewöhnlichen Hamburger Quartetts. Und das wirklich Außergewöhnliche: Alle vier schreiben eigene Stücke, kein anderer Komponist wird gespielt.

In der Reihe „Junges Kammermusik-Forum gastierte String Thing nun an den Hamburger Kammerspielen. Die Musik der Gruppe bewegt sich zwischen Rock, Neue Musik, Minimalmusik und vor allem Jazz. Dazu kommen Elemente aus afrikanischer und südamerikanischer Musik. Was in den jeweils nur wenigen Minuten langen Stücken erstaunt, ist der oft schnelle Wechsel, die Lust an der Schroffheit und auch an der Improvisation.

Zum Beispiel „Traum“: Es beginnt als eine fast klassische Fuge, nach einem kraftvollen Tutti folgt ein gezupfter Dialog zwischen Geige und Bratsche. Die Instrumente werden zu streitenden Charakteren. Dann erklingen von Baß und Cello comic-artige Geräusche oder Laute wie von Tieren. Assoziationsspielraum ohne Ende - und zwischendurch immer wieder wunderschöne Melodiebögen.

Es wird gestrichen, gezupft, geklopft, gehämmert: das Cello wird zum Schlagzeug, die Geige wird zur Ukulele. String Thing nutzen ihre Instrumente auf unterschiedlichste Weise - jedoch ohne in selbstverliebte Experimente zu verfallen. Das Publikum war jedenfalls ganz hingerissen und wenn das Cafe nicht bestuhlt gewesen wäre, hätten es sicher auch getanzt.

Im April spielt String Thing wieder in den Kammerspielen, dann endlich im großen Saal.

Niels Grevsen / Foto: jms

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