Harnisch macht Pause

■ PDS-Pressesprecher läßt seinen Sitz im ORB-Rundfunkrat vorerst ruhen

Potsdam (taz) – Hanno Harnisch hatte selbst darum gebeten, am Ende folgte ihm gestern die PDS-Fraktion einstimmig im Potsdamer Landtag: Ab sofort wird der 44jährige sein Mandat im Rundfunkrat des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg (ORB) ruhen lassen. Ob Harnisch, der 13 Jahre lang als IM „Egon“ der Stasi Informationen geliefert hatte, im 23köpfigen Gremium verbleibt, will die Fraktion nach Durchsicht der Stasi-Akten spätestens im März entscheiden.

Bei der öffentlichen Sitzung der PDS-Fraktion wurde vorsichtige Kritik an Harnisch geäußert, der erst nach einem Bild-Bericht seine IM-Tätigkeit eingeräumt hatte. Die Fraktion und Parteichef Lothar Bisky warnten davor, Biographien „mit dem Lineal abzumessen“. Die PDS sei an einer raschen Klärung interessiert. Bevor er aber keine Akteneinsicht durch die Gauck-Behörde erhalten habe, so Bisky, weigere er sich, unter „öffentlichem Druck über Dinge zu urteilen, die ich nicht kenne“.

Harnisch selbst entschuldigte sich bei der Fraktion dafür, daß er nicht schon bei seiner Entsendung in den Rundfunkrat im Herbst 1991 seine IM-Tätigkeit offengelegt hatte. Vergleichsweise milde fiel in der Diskussion die Kritik an Harnisch aus. Am schärfsten äußerte sich noch der parteilose Abgeordnete Christian Gehlsen. Es „kotze“ ihn an, daß in der PDS frühere IM-Tätigkeiten immer wieder zu spät eingeräumt werden. Dafür erntete er Widerspruch vor allem von dem Hardliner der Partei, dem 62jährigen Bernhard Gonnermann. Der Fraktionsälteste sprach von gezielten Attacken vor dem PDS-Bundesparteitag in Schwerin, mit dem die Partei auseinanderdividiert werden solle. Michael Schumann, Mitglied im Bundesvorstand, meinte, formale Kriterien in der Stasi-Auseinandersetzung, selbst wenn sie von der PDS aufgestellt worden seien, brächten die Partei im Fall Harnisch nicht weiter. Die Frage müsse lauten: Habe Harnisch in „relevanter Weise das Vertrauen von Menschen mißbraucht“?

Der Betroffene selbst gab der Fraktion am Ende noch einen Wunsch mit auf den Weg. Seine Tätigkeit im ORB-Rundfunkrat würde er „sehr gerne weitermachen“. Nach der Gesetzeslage könnte Harnisch sogar gegen den Willen der Fraktion im Rundfunkrat bleiben. Severin Weiland