: Spanisch, wie es sein soll
■ Das HipHop-Trio Delinquent Habits mit hartgesottener Folklore
Erinnert sich noch jemand an Kid Frost? Vor ein paar Jahren hatte dieser mit „La Raza“ einen Clubhit, der Tex-Mex-HipHop samt der dazugehörigen Szene aus hydraulisch hüpfenden Karossen in die hiesigen Medien hievte und dabei zahllose spanische Codewörter in Umlauf brachte. Doch das Gewese verpuffte schneller als es aufkam, und die Stimmen der Chicanos gliederten sich fortan in HipHop-Formationen wie Cypress Hill als Allegorien der Multikulturalität ein.
So auch bei den Delinquent Habits, die bei Sen Dog von Cypress Hill zur Schule gehen und alle Kulturen bedienen wollen. Ihren Hit „Tres Delinquentes“ etwa eröffnen weinselige Mariachiklänge von Herb Alpert & The Tijuana Brass bis die beiden eingespielten Rapper Kemo und Ives abwechselnd in Spanisch und US-Slang recht hartgesotten zur Sache gehen. Dabei geht dem Trio aus Kalifornien aber keinesfalls die Selbstironie ab: „Das soll Spanisch sein“, kommentiert eine Frauenstimme krächzend.
Ironie, folkloristische Samples, gepresste sprachliche Wut und ein tiefhängender Bass als Daumenschraube – diese Mixtur macht die Konsensfähigkeit der Delinquent Habits aus, die sie in die Radios führte. Dieses Potential bemerkten auch die Verantwortlichen der neugegründeten Firmenfusion der Label PMP und Loud (Coolio, Mobb Deep, Warren G et al), die das namenlose Debut der Delinquenten als programmatische erste Veröffentlichung aufs Tablett hoben.
An allen Ecken und Enden macht sich hier der „Latin Twist“ ihres Mentors und Produzenten Sen Dog bemerkbar, jene struppigen Endlosschleifen mit eingepaßten Basspausen, die Cypress Hill bekannt machten. Dabei vertreibt das Debut der Delinquent Habits nicht nur die Zeit bis zur nächsten Veröffentlichung der Soul-Assassins-Posse. Dazu sind sie innerhalb der vorgebenen Koordinaten zu eigenständig und vielseitig bis zu balladesken Badewannen und dem Crossover-Geschradder „When the Stakes Are High“, das De la Souls neues Album verhohnepipelt.
Mit ihrem Namen spielen die Delinquent Habits auf die Doppelbedeutung von „delinquent“ an, das sowohl „illegal“ als auch „schlampige“ Gewohnheiten bezeichnet. Welche Art ihre privaten Gewohnheiten auch immer sind – musikalisch sind es „versatile“, vielseitige. Volker Marquardt Fr, 17. Januar, Große Freiheit, 21 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen