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Wissmann schnallt die Stelzen ab

Verkehrsminister will den Transrapid nur finanzieren, wenn er „wirtschaftlich sinnvoll“ ist. Damit leitet er den politischen Ausstieg aus dem Projekt ein, da eine Prognose das Gegenteil belegt  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) – „Ganz hervorragend“ sei die Stellungnahme des Verkehrsministers zum Transrapid gewesen. So kommentierte der Sprecher der Magnetschnellbahn Planungsgesellschaft (MPG), Peter Jablonski, den Auftritt von Matthias Wissmann im Verkehrsausschuß des Bundestags. Doch Jablonskis Unterstützung für den Minister wird wohl nichts daran ändern, daß er und seine MPG- KollegInnen demnächst beim Arbeitsamt vorsprechen müssen. Denn Wissmann hat angekündigt, nur ein wirtschaftlich sinnvolles Projekt weiter zu finanzieren. Das sagt er schon lange – aber die genannten Zahlen lassen die Mär vom ökonomischen Sinn der Stelzenbahn endgültig einstürzen.

Gestern enthielt Wissmann die aktualisierte Wirtschaftlichkeitsstudie von Intraplan den Abgeordneten im Verkehrsausschuß zwar noch vor. Doch wichtige Eckdaten sind schon seit längerem aus seinem Ministerium gesickert (siehe taz vom 21.12. 96). Und vor den Abgeordneten räumte auch der Minister ein, daß die Reisenden der Prognose zufolge insgesamt nur 2,6 bis 3,5 Milliarden Kilometer pro Jahr mit dem Transrapid zurücklegen werden. Bisher war immer von 4,2 Milliarden Personenkilometern die Rede gewesen. Damit würden die Erlöse der Betreibergesellschaft massiv sinken – und damit auch ihre Zahlungen an die Staatskasse, wenn die Magnetbahn in ein paar Jahren tatsächlich unterwegs sein sollte.

Vertreter der beteiligten Unternehmen hatten bereits Ende letzten Jahres zusammengesessen und die Ausdünnung des Zehn-Minuten-Takts diskutiert. Auch der Einsatz kürzerer Züge war im Gespräch. Jablonski versuchte gestern abzuwiegeln: „Das war nur ein Worst-case-Szenario. Diskutiert werden aber viele Szenarios.“

Was ein Ausstieg aus dem Projekt letztendlich kostet, ist unklar. Allein zwei Milliarden Mark hat der Transrapid im Emsland das Forschungsministerium in den letzten Jahren gekostet. Und Professor Wieland vom rechtswissenschaftlichen Institut der Uni Bielefeld hatte bei einer Anhörung im Bundestag vor einem Jahr gewarnt, die Verabschiedung der Transrapidgesetze komme einer Ermächtigung gleich. Die Privatwirtschaft werde hohe Schadenersatzforderungen stellen. Die Bundesregierung hingegen glaubt, noch ungeschoren davonzukommen. In einer Antwort auf eine kleine Anfrage antwortete sie im vergangenen März: „Bevor nicht endgültig entschieden ist, unter welchen Bedingungen der Transrapid verwirklicht wird, werden keine Fakten wie zum Beispiel Vertragsabschlüsse oder dergleichen geschaffen.“ Seit letztem Sommer aber gibt es die entsprechenden Gesetze.

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