piwik no script img

„Den Mietern Schrott andrehen“

■ Winterhuder Mieter in Angst vor Wohnungs-Umwandlern im Dunstkreis von Scientology / Banken wollen Kredite sperren Von Thomas Koch

Die Klingel schellte, dann vernahm Eugen Schwarz* über die Haussprechanlage die Drohung: „Wenn sie sowas noch mal machen, wird ihnen was passieren“. Zwar konnte Schwarz nicht identifizieren, wer der Anonymus am anderen Ende der Leitung war, doch was er meinte, wußte er genau. Schwarz, Bewohner eines umwandlungsbedrohten Haus in der Rehmstraße (Winterhude), hatte sich in einer Boulevard-Zeitung über die Angst der MieterInnen vor den Methoden der Umwandlungsprofis im Dunstkreis der US-Sekte Scientology geäußert.

Anfang Februar erfuhren die 52 Mietparteien der 1906 erbauten Häuser in der Rehmstraße 18 a-c und 20, daß ihre Wohnungen an die Berliner Firma „TransWert“ verkauft worden sind, die ihrerseits die Umwandlung der Mietwohnungen in Eigentum anstrebt. Die Eigentümer der Transwert, Robert Boehm und Waldemar Fred-Anton, sind den Hamburger MieterInnen-Vereinen bestens bekannt. Sie bestreiten zwar, selbst Scientologen zu sein, bedienen sich bei ihren Umwanndlungsgeschäften aber mit schöner Regelmäßigkeit Personen, die nicht abstreiten, in der „Technologie“ des Sektengründers L. Ron. Hubbard geschult worden zu sein.

So auch in der Rehmstraße, wo sich die bekennende Scientologin Eva Schnell bei den BewohnerInnen ankündigte, um ihnen den Kauf ihrer Wohnungen oder andernfalls den Auszug mit „Prämien“ und „Vorzugspreisen“ schmackhaft zu machen.

Da wurde etwa der 65jährigen Margot Sonnekalb, die seit Ihrer Geburt in der Rehmstraße 18c lebt, angeboten, ihre 50Quadratmeter-Wohnung für 139.000 Mark zu kaufen. „Ein völlig überhöhter Preis“, sagt Willi Lehmpfuhl vom MieterInnen-Verein zu Hamburg. Denn die Häuser sind völlig heruntergekommen, den neuen WohnungseigentümerInnen drohen Instandsetungskosten in Millionenhöhe.

„Die Wände sind völlig durchfeuchtet und mit Schimmel überwuchert, durch den Dachstuhl leckt daß Regenwasser“, berichtet der 68jährige Karl-Heinz Flor, der die Gebäude jahrelang als Hausmeister betreute. Da auch die Balkone runderneuert werden müssen, befürchtet Willi Lehmpfuhl: „Hier wird versucht den Mietern Schrott anzudrehen“.

Zehn Millionen, so schätzt der Geschäftsführer der GAL-Nord, Bernt Fahrke, werde die TransWert beim Verkauf aller Wohnungen erlösen. Doch damit nicht genug: Nach Informationen der MieterInnen wird auch ein Haus am Alsenplatz zur Zeit von der TransWert umgewandelt. Mit welchen Tricks gearbeitet wird, um schnell zumindest an die Mietkohle zu kommen, haben die Rehmstraßen–BewohnerInnen bereits feststellen müssen. So versuchte die Hamburger Immobilienverwaltungsfirma „Fründt“ die Mieten einzutreiben, ohne überhaupt über die dafür notwendigen Vollmachten zu verfügen. Die meisten HausbewohnerInnen aber zahlten nicht.

Um den „unseriösen Umwandlern“ das Handwerk zu legen fordert „Mieter helfen Mietern“-Anwalt“ Ernst Medecke die Hamburger Tagespresse auf, keine Inserate mehr von Immobilienunternehmen zu veröffentlichen, die nachweislich mit Scientologen zusammenarbeiten: „Es ist scheinheilig, den Umwandlungsterror dieser Firmen anzuprangern und sich gleichzeitig mit ihren Anzeigen eine goldene Nase zu verdienen“. Viele Kreditinstitute sind da schon weiter. Mehrere Banken, so verlautet aus den Reihen der MieterInnenvereine, hätten bereits angekündigt, die Umwandlungsgeschäfte der im Dunstkreis der Sekte agierenden Immobilienspekulanten nicht mehr durch Kredite zu unterstützen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen