Im Promille-Lyzeum

■ Belly zwischen Radikalisierung und Verrockmiezung

Die wilde Frau markiert Tanya Donelly normalerweise nicht. Auch ist die Sängerin von Belly nicht gerade als eine Radikalfeministin bekannt: kein Think-tank, eher intellektuelles Luftgewehr. Dennoch muß auch die 28jährige, die für den Großteil der Songs verantwortlich zeichnet, gemerkt haben, daß ihr Quartett in jüngster Zeit ein wenig zu lasch wirkte. Eine Tori Amos reicht schließlich, und auf romantischen Poprock ist Donelly ja eigentlich nicht aus.

Doch es gibt ja noch Live-Auftritte, wie den am Sonntag in der Markthalle, die – ähnlich wie Parteitage der FDP – dazu dienen sollen, das diffuse Erscheinungsbild zu konturieren. Also T-Shirt mit dem Slogan Super Kit überstreifen und der Bassistin den Befehl zu Verrockmiezung erteilen („Deutsches Toilettenpapier ist rauh wie Schleifpapier“). Ein untauglicher Radikalisierungsversuch, weil es nur Verkleidung war. Da mochte das Quartett noch so sehr auf Härte mimen, schlußendlich blieb es doch eine Schülerband, die ein bißchen zuviel Bier getrunken hatte. Sympathisch, aber harmlos.

Clemens Gerlach