Gescheitelte Persilpackung

■ „Lollipop oder Schuld war nur der Bossa Nova“ – eine Schlager-Revue von den „Mortadellas“ im Imperial

Damals. Als die ,Show“ noch „Schau“ hieß, Werbespots unverschämt lang waren und zum „Criminal Tango“ getanzt wurde: Die 50er Jahre sind es, in die uns Lollipop zurückversetzen möchte.

Die beiden Hamburger Schmalzlocken Ole Lehmann und Frank Thannhäuser versprechen in ihrer 50er-Jahre-Revue „Schlager, Scherze, Schaberbnack“, wobei ersteres überwiegt und gekonnt parodiert wird.

Originalgetreu gescheitelt fegt das Duo in ständiger Verkleidungswut übers Bühnenparkett. Am Piano von Andrea Simmendinger begleitet, jag t– meist übergangslos – ein Gassenhauer den nächsten. Im selben Tempo wechseln die beiden Mortadellas Glitzerjacken und verrückteste Kopfbedeckungen, daß einem der Atem stockt. Zu „Schuld war nur der Bossa Nova“ und vielen „Valeri, Valeras“ leisten die beiden ausgebildeten Schauspieler absoluten Körpereinsatz: Eine ausgefeilte Choreographie mit schon artistischen Einschlägen verleihen den einstigen Schnulzen neues Gewicht. „Zwei kleine Italiener“ darf da ebenso wenig fehlen wie „Mein Vater war ein Wandersmann“. Stilecht wirkt auch Frank Thannhäusers Auftritt als fleischgewordene Persilpackung, die versartige Slogans aufsagt.

Der „Überseekaffee“ muß auch noch schnell beworben werden (“Haben Sie mal überlegt, ob zuviel Kaffeegenuß schädlich ist? Dieser nicht!“). Dann ist leider schon Schluß. Weitere Comedy-Einlagen fallen, wenngleich durchaus phantasievoll, etwas knapp aus.Wo Frank Thannhäuser eher aus der Musical-Regie-Ecke kommt (Grease), verfügt zumindest Ole Lehmann über hinreichend Comedyerfahrung, die er in größerem Maße hätte einbauen können: 1993 wird Lehmann zum „Comedy Talent '93“ gewählt, wird für TV-Shows entdeckt und gelangt schließlich in den renommierten „Quatsch Comedy Club“ des Imperial Theaters, wo schon Größen wie Olli Dietrich aufgetreten sind.

Insgesamt ist das Programm als Reminiszenz an die 50er Jahre einem älteren Publikum zugedacht. Die beiden Bühnenkünstler, – äußerlich kaum von den Blues Brothers zu unterscheiden P, sind ihren „Wirtschaftswunder-Einheitspreis“ von 25 Mark durchaus wert.

Klaus Rathje