piwik no script img

Die Ladenöffnungszeiten werden immer bunter

■ Vor allem in mittelgroßen Städten geht der Trend zum „3-2-Modell“: Montags bis mittwochs wie gehabt, donnerstags bis samstags bleiben die Läden länger auf

Stunde um Stunde kehrt der Ladenschluß zurück. In Bremerhaven, einer 130.000-EinwohnerInnen-Stadt, sagten die drei größten Kaufhäuser den verlängerten Öffnungszeiten Anfang des Jahres ade. Seither hat die City dort nur noch donnerstags bis samstags bis 20 Uhr beziehungsweise 16 Uhr geöffnet.

„Der Trend geht dahin, daß immer mehr Betriebe die längeren Ladenöffnungszeiten zurücknehmen“, erklärt Thomas Werz, Sprecher des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels. „Offenbar besteht beim Verbraucher kein Bedarf“, lautet seine Interpretation. Im bundesweiten Schnitt, so ergaben erste Auswertungen, haben sich die KonsumentInnen den längeren Freitag schnell zu eigen gemacht, denn der ist in den ohnehin vertrauten langen Donnerstag und den freudig begrüßten längeren Samstag eingebettet. Montags bis mittwochs jedoch bleiben die Läden nach 18.30 Uhr leer.

Nachdem die Einzelhandelsverbände die Verlängerung der Öffnungszeiten bis zuletzt bitter bekämpften, wollen sie nun allerdings auch nicht die Totengräber der Liberalisierung spielen: „Wir können die Unternehmen nur ermutigen durchzuhalten“, sagt Werz. „Im Sommer kann das schon ganz anders aussehen mit der Konsumfreude.“ In diesen Tagen macht der Hauptverband Umfragen unter den Landes- und Ortsverbänden, um die Ladenschluß-Erfahrungen seit dem 1. November 1996 zu bilanzieren.

Welcher Laden wie lange geöffnet hat, hängt vor allem davon ab, wo er liegt: Während die begrenzte Freigabe der Ladenschlußzeiten in Kleinstädten vielerorts überhaupt nicht wahrgenommen wurde, hatten sich viele mittelgroße Städte, insbesonders touristisch attraktive, ursprünglich viel vom neuen Ladenschluß erhofft. Besonders die Oberzentren unter ihnen, Trier, Paderborn und Osnabrück etwa, glaubten, noch mehr KundInnen aus dem Umland anlocken zu können. Nun macht sich Enttäuschung breit, denn den VerbraucherInnen ist keine Mark mehr als früher aus der Tasche zu locken.

Das Bekleidungshaus Marx in Trier („Die Dicken zu uns!“), eine der ersten Geigen in Fragen der Einzelhandelspolitik vor Ort, hat nach sechs Wochen bei den zuvor groß angekündigten längeren Ladenschlußzeiten als erstes den Rückzieher gemacht, ebenso wie der Herrenausstatter Bruno Kleine in Paderborn. In den Lokalblättern wird das Geschehen nicht nur mit ganzseitigen Anzeigen, sondern auch einer aufopferungsvollen Berichterstattung begleitet.

„Es ist genau das eingetreten, was wir befürchtet haben“, sagt Henning Oberheide, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands in Paderborn. „Wir haben kein Plus, aber eine andere Verteilung des Umsatzes.“ Am meisten profitiere die grüne Wiese, an die selbst die „1a-Zentrumslagen“ KundInnen abtreten müssen; die weniger guten Lagen zahlen drauf.

Ähnlich wie in Ulm und Osnabrück gilt in der Werbegemeinschaft Paderborn und im Einzelhandelsverband nun das „3-2-Modell“ als der Renner: Montags bis mittwochs zurück zu den alten Zeiten, donnerstags und freitags bis 20 Uhr, samstags bis 16 Uhr. „Das Wichtigste“, sagt Hans Bürger, Vorstand der Werbegemeinschaft Paderborn, „ist, daß wir einheitlich auftreten.“ Den KundInnen sei es kaum zuzumuten, daß jeder Laden im Alleingang sein persönliches Ladenschlußprofil bastelt.

Genau dafür plädiert jedoch Niels Busch-Petersen, Sprecher des Einzelhandelsverbands in Berlin: „Das wird jetzt alles ganz bunt.“ Es sei abzusehen gewesen, daß „in Einzelfällen“ auch größere Unternehmen wieder Abstand vom verlängerten Ladenschluß nehmen würden. Aber „es wird Regionen geben, die wacker durchhalten wie die Toplagen und die grüne Wiese und andere eben nicht. Es ist so deutsch, jetzt schon wieder alles kleinreden und absolut sehen zu wollen.“ Um jedoch die Verwirrung der VerbraucherInnen zu beschränken, „ist es natürlich richtig, daß sich die Kaufleute mit ihren Nachbarn absprechen und etwa straßenweise einheitlich öffnen.“ Ulrike Winkelmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen