: Bayern-Gurke
■ Wer zahlt die Sportplatzverschönerung für Münchner Trainingslager im Spreewald?
Burg (taz) – Seit die Kicker des Drittligisten Energie Cottbus sich bis ins DFB-Pokal-Halbfinale durchkämpften, liegt die Lausitz in einem fußballerischen Stimmungshoch. Doch mitten in der allgemeinen Schwelgerei tut sich ein kleiner Abgrund auf. In Burg, einer Gemeinde bei Cottbus, ist die Freude am Fußball momentan getrübt. Der Grund ist: der FC Bayern München, der im Juni zur Saisonvorbereitung für fünf Tage angereist war. Seitdem ist nichts mehr, wie es war. Erst erweiterte das Spreewalddorf mit Hilfe der Bayern sein zuvor auf Gurken und Kahnfahrten basierendes Imagespektrum, dann geriet es in den Verdacht der Zechprellerei. Denn die Burger ließen zwar für 22.000 Mark den Sportplatz modernisieren, die Rechnung des Sportstättenbetriebes Cottbus bezahlten sie nicht. Hatte die Bayern-Euphorie die Fans in den Amtsstuben blind gemacht? Eigentlich nicht, eher ein bißchen taumelig vor Freude. Denn als der Ruf „Die Bayern kommen!“ durch die kleine Kommune (3.800 Einwohner) hallte, war die Platzverschönerung fix beschlossen, wenngleich heute nicht ganz klar ist, wer genau das letztlich anwies. Einen Gemeinderatsbeschluß gibt es nicht. Angeblich soll der Bürgermeister in unbürokratischer Entschlossenheit den Auftrag vergeben haben. Wie die 22.000 Mark zusammenkommen, schien damals offenbar weniger interessant als die Frage, wie wohl die verzankten Bayern Klinsmann und Matthäus zueinanderkämen.
Genährt wurde diese Unbekümmertheit auch durch den gern kolportierten Satz, die Bayern würden das schon regeln. Doch die Hoffnung, der reichste Klub Deutschlands würde die armen Ostler nicht im Stich lassen, ist zerplatzt wie eine Matthäussche Sprechblase. Die mit der Organisation des Trainingslagers befaßte Agentur aus Frankfurt/Main erfüllte die einzige verbindliche Zusage: Sie überwies, wenn auch nicht umgehend, 5.000 Mark.
Das alles interessiert die mit der Platzsanierung beauftragte Firma wenig: Sie drohte, ihre restlichen 17.000 Mark mit einer Klage gegen die Gemeinde und Amtsverwaltung einzutreiben. Wird schon, sagt Heinz Ruben vom Verwaltungsamt: „Es wird keine Klage geben. Die Firma bekommt ihr Geld, ohne daß der Gemeindehaushalt belastet wird.“ Wie das funktioniert, mag Ruben nicht genau erklären. Vermutlich werden Sponsoren dafür sorgen. Für die Burger ist all das eine Lehre, zumal sie wegen ihrer finanztechnischen Eigenmächtigkeiten auch noch ins Visier des brandenburgischen Innenministeriums gerieten. Die im Gemeindeetat für den Sportplatz verplanten 10.000 Mark seien zweckgebunden gewesen für die Renovierung der Umkleideräume.
Seien sie nicht, kontert Ruben, sie hätten für die allgemeine Instandhaltung bereitgestanden. Und auch die Kritik, daß die Verbuchung von 12.000 Mark als „überplanmäßige Ausgabe“ geltendem Haushaltsrecht widersprochen habe, weisen die Burger ab.
Freuen können sich bei allem Ärger die Burger Fußballer. Sie verfügen jetzt über eine würdige Heimstätte für ihre Kreisligaspiele. Weil Vereinschef Peter During nebenbei an der Versorgung der täglich 5.000 Trainingskiebitze mit Bier und Bockwurst mitverdient hat, sehen ihn manche als Hauptgewinner des Fußballfestes. Davon will er nichts wissen: „Wir haben alle an einem Strang gezogen, jetzt müssen wir das auch so zu Ende bringen.“
Die Bayern, das ist keine Frage, sind weiterhin willkommen. Die Chance auf ein baldiges Wiedersehen ist theoretisch drin, wenn die Münchner nämlich im DFB-Pokal-Halbfinale im April auf Cottbus träfen. Die Lokalzeitung hat schon eine Wiedergutmachungsidee ausgeknobelt: Bayern bereitet sich in Burg vor, und die Amtsverwaltung erhebt dafür eine Nutzungsgebühr über 17.000 Mark. Der bekennende Aufschwung- Ost-Fan Uli Hoeneß dürfte begeistert sein. Gunnar Leue
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