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Flug-Banane mit reichlich Tequilasoße

■ Seine Folk-Unschicklichkeit Vic Chesnutt stellt sein neues, kaltschnäuziges Album vor

Mal versinkt er auf der Bühne in stille Meditation, mal wirft er mit Südfrüchten ins Publikum. Vic Chesnutts Konzerte sind so unberechenbar wie seine Songs. Oft sind das Elegien, von markigen Sprüchen kaschiert. Auf seinem neuen Album About To Choke fabriziert der Songwriter aus Georgia mit seiner Frau Tina ein paar haarsträubende Loops auf den Keyboards, dann raunzt er im knitterigen Südstaaten-Akzent: „What a great day to come out of coma.“ Viele halten Chesnutt für einen Zyniker. Das stimmt nicht, er sucht lediglich die Pointen jenseits der üblichen Schicklichkeit.

Auch Vic Chesnutt ist mal aus dem Koma erwacht. 1983 war er mit seinem Auto besoffen von der Straße abgekommen. Seitdem sitzt er im Rollstuhl. Und vielleicht hätte sich der 31jährige schon längst totgesoffen, wenn er nicht irgendwann mit dem Plattenaufnehmen begonnen hätte. Regelmäßig trat er Ende der Achtziger im „40 Watt Club“ seiner Heimatstadt Athens auf, meist sternhagelvoll und mit ein paar fiesen Flüchen für das Publikum auf den Lippen. Doch die Leute liebten seine Songs. Zu den Fans der ersten Stunde zählt auch Michael Stipe von R.E.M., der ihn irgendwann in ein kleines Aufnahmestudio schleppte. So entstand Chesnutts Album Little, auf dem er Low-Fi-Folk spielt, ohne auf irgendwelche Genrespielregeln zu achten.

Drunk und West Of Rome, die Nachfolgewerke, entstanden unter ähnlichen Bedingungen. Mit ein paar Flaschen Tequila und ein paar guten Freunden spielte Chesnutt sie in nur wenigen Tagen ein. Is The Actor Happy?, das vierte Album, stellte eine Zäsur dar. Die Arrangements waren relativ üppig. Darunter litt leider die Spannung, die bei ihm sonst aus der Kollision von Sentiment und Sarkasmus resultiert.

Immerhin verhalf ihm die Platte zu einem relativ großen Bekanntheitsgrad. So erscheint das neue Album in den USA beim Major Capitol, und auf der Compilation Sweet Relief II covern Prominente ihre Lieblingssongs von Chesnutt. Unter anderem: R.E.M., Smashing Pumpkins und Madonna.

Mit About To Choke, dem fünften Langspielwerk, bringt der traurige Entertainer wieder alles in die richtige Balance. Die Produktion ist manchmal etwas satter, verzichtet aber in den wichtigen Momenten auf jeden Firlefanz, und bevor die düsteren Geschichten einen in die Besinnungslosigkeit beduseln, haut Chesnutt dem Hörer ein besonders kaltschnäuziges Bonmot um die Ohren.

Ach so, bevor wir es vergessen: Bitte beschweren Sie sich nicht, wenn sie der Künstler in der Fabrik mit Bananen bewirft!

Christian Buß

Mi, 29. Januar, 21 Uhr, Fabrik

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