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Eine flirrige Parabel

■ Stefan Bachmann inszeniert am Schauspielhaus Pierre Corneilles Triumph der Illusionen als eine fantastische Suche nach dem verlorenen Sohn

Zu einer Zeit, lange bevor Soul Asylum mit Musikvideos nach dem „Runaway Child“ suchte und man mit Jörg Wontorra „Bitte melde Dich!“ in die Fernsehnation brüllen konnte, mußten Väter andere Wege gehen, um ihre verlorenen Söhne nach Hause zu holen. Papi Pridamant zum Beispiel wendet sich nach zehn Jahren erfolgloser Suche an den Zauberer Alcandre. Und der beschwört ihm eine Illusionswelt, die spannender als „Länder, Menschen, Abenteuer“, brutaler als Quentin Tarantinos Filme und noch schöner als Linda de Mols „Traumhochzeit“ ist. Doch, sowas gibt es. Gab es jedenfalls, schenken wir Pierre Corneille Glauben, im Frankreich des 17. Jahrhunderts.

An der Vater-Sohn-Beziehung selbst hingegen scheint sich im Laufe der Zeit nichts geändert zu haben. Monsieur Pridamant wollte seinen Stammhalter mit Strenge auf den rechten Pfad zwingen, doch der entschied sich zum Ausbruch.

Stefan Bachmann, der Corneilles L'Illusion comique unter dem Titel Triumph der Illusionen für das Deutsche Schauspielhaus inszeniert, ist selbst ein Ausreißer auf ungeraden Wegen: 1989 begann er seine Theaterkarriere an der Berliner Schaubühne als Hospitant bei Luc Bondy, merkte aber schnell, daß er „machen, nicht dienen will“. Also begann er 1991 mit Studenten zu inszenieren und gründete im Jahr darauf eine eigene Compagnie, das Theater Affekt in Berlin.

Der außerordentliche Erfolg der produktiven Freien Gruppe führte Bachmann 1993 an das Schauspiel Bochum, –94 an Castorfs Volksbühne, –95 ans Neumarkttheater Zürich und von dort direkt zum Berliner Theatertreffen. Hier war er der erste Regisseur, der nicht nur seine Wurzeln in der Freien Szene hat, sondern dort noch immer kontinuierlich arbeitet.

Der Dreißigjährige nennt den Unterschied zwischen dem freien Arbeiten und dem an Staatstheatern heute nurmehr einen strukturellen – Geld haben oder nicht. „Es war keine politische Entscheidung, das Theater Affekt zu gründen. Es ging uns weder um die Abgrenzung von den Etablierten noch um die Verwirklichung eines Lebensmodells. Wir empfinden uns als Produk-tionseinheit, deren in erster Linie flexibles Modell funktioniert.“

Daß er heute am größten und renomiertesten deutschen Theater inszeniert, erklärt Bachmann eben damit, daß er nie daraufhin gearbeitet hat, sondern immer mit ungeteilter Aufmerksamkeit am jeweils aktuellen Stück. Und so hätten er und der Affekt-Dramaturg Lars-Ole Walburg auch in Hamburg „wieder bei Null angefangen“, wobei „der kollektive Geist des Hauses sehr produktiv“ gewesen sei.

Aus dem „flirrigen und vielschichtigen Stück“ haben sie eine Parabel über aufgegebene Utopien im Stile von Mantel-und-Degen-Filmen der sechziger Jahre gemacht. „Ich glaube nicht an Einheiten“, erklärt der Schweizer seine Ästhetik der schnellen Schnitte, doch Walburg fügt prosaischer hinzu: „Die kommt daher, daß Stefan als Kind nichts anderes als TV geguckt hat und bis heute fernsehsüchtig ist.“ Auch irgendwie sympathisch. Christiane Kühl

Premiere: Sa, 25. Januar, 19.30 Uhr, Schauspielhaus

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