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Exminister wird angeklagt

■ Papon soll 1.690 Juden deportiert haben

Paris (taz) – Maurice Papon, während der deutschen Besatzung Generalsekretär der Präfektur von Bordeaux, kommt wegen Komplizenschaft bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht. Das entschied gestern – nach 16 Jahre lang von französischer Justiz und Politik verschleppten Vorverfahren – das Pariser Berufungsgericht. Dem heute 86jährigen wird vorgeworfen, von 1942 bis 1944 die Deportation von 1.690 Juden aus Südwestfrankreich organisiert zu haben.

Der einstige Verantwortliche des „Amtes für Judenfragen“ in Bordeaux, der es nach dem Krieg als prominenter Gaullist in den späten 70er Jahren bis zum Haushaltsminister der französischen Regierung brachte, ist der erste Spitzenfunktionär des Regimes von Vichy, der sich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten muß. Vor ihm hat es bisher in Frankreich überhaupt nur zwei Verfahren – und zwei Urteile auf „lebenslänglich“ – wegen dieses Tatbestandes gegeben: 1987 gegen den deutschen Gestapo-Chef von Lyon, Klaus Barbie, und 1994 gegen den französischen Milizionär Paul Touvier.

Sollte Papon nicht vorher das Zeitliche segnen, kann das Schwurgerichtsverfahren in Bordeaux noch in diesem Jahr stattfinden. Papons Anwälte hatten bislang eingewandt, ihr Mandant sei „lediglich Befehlsempfänger in einem rein administrativen und untergeordneten Amt“ gewesen und habe von der Endlösung überhaupt nichts wissen können. Außerdem berief sich Papon auf „nachrichtendienstliche Tätigkeiten“, die er in den letzten Kriegsmonaten für die Resistance geleisten haben will.

Die drei Untersuchungsrichter, die in den vergangenen 16 Jahren insgesamt 42 Aktenordner mit Beweismaterial über Papon gefüllt haben, sehen das anders. Der Spitzenfunktionär habe einen ungewöhnlichen Eifer an den Tag gelegt; und er habe von vorneherein gewußt, daß jede einzelne von ihm angeordnete – und persönlich unterschriebene – Deportation zwangsläufig in den Tod führe, heißt es in der Anklageschrift. dora Bericht Seite 8

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