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Linke und Rechte gegen Brasiliens Privatisierung

■ Nationalisten, Gewerkschafter und Kirche beharren auf Staatswirtschaft

Berlin (taz) – Stolz präsentierte Brasiliens Planungsminister Antônio Kandir kurz nach dem Jahreswechsel eine positive Wirtschaftsprognose für 1997. Nach 3,5 Prozent Wachstum im vergangenen Jahr sei 1997 mit einer Wachstumsquote von 4,5 Prozent zu rechnen. Die Inflation gehe um 2,4 auf 7,1 Prozent zurück. Zudem werde das Handelsbilanzdefizit auf 6,2 Milliarden US-Dollar absinken.

Einziger Schönheitsfehler der hoffnungsvollen Prognose ist die Schuldenlast des Landes. Auf etwa 300 Milliarden US-Dollar sind Brasiliens Verbindlichkeiten im In- und Ausland angewachsen. Um Geld in seine leeren Kassen zu bekommen, möchte der Planungsminister daher weitere Staatsunternehmen privatisieren.

Die Companhia Vale do Rio Doce S.A. ist Brasiliens lukrativster Posten. Zehn bis zwölf Milliarden US-Dollar soll der größte Bergbaukonzern Lateinamerikas wert sein, der im März verkauft werden soll. Warum gerade die Vale, fragen sich viele BrasilianerInnen. Das Unternehmen ist Brasiliens wichtigster Devisenbringer und beschäftigt rund 15.000 ArbeitnehmerInnen in diversen Sparten. Neben dem Bergbau ist die Vale das größte Transportunternehmen des Landes, mit eigenen Eisenbahnen, Schiffen und Häfen. Darüber verfrachtet die Vale nicht nur ihre Eisenerze, Gold oder Kupfer, sondern auch Passagiere und andere Fracht. Hinzu kommen Forstbetriebe, Chemie- und Papierfabriken und das größte Eisenerzlager der Welt. Auf 18 Milliarden Tonnen Eisenerz werden die Reserven der Vale in der Serra de Carajás im südlichen Amazonasgebiet geschätzt. Bei gleichbleibendem Abbau ist die Halde erst in 400 Jahren leer. Mit diesen Unternehmen hat Vale in den vergangenen Jahren Umsätze von durchschnittlich 3,5 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet.

Warum also das Unternehmen, das im Gegensatz zu den meisten 150 staatlichen Unternehmen Gewinne einfährt, verkaufen, muß sich Präsident Fernando Henrique Cardoso fragen lassen. Nationalistische Militärs sind ebenso wie Provinzpolitiker, kirchliche Würdenträger und Gewerkschafter gegen den Verkauf von Vale. Die einen opponieren aus Patriotismus, die anderen wollen in dem Staatsbetrieb verdiente Parteigänger unterbringen. Gewerkschafter befürchten, daß bei der möglichen Zerschlagung Arbeitsplätze verlorengehen. Die Landlosenbewegung „Movimento Sem Terras" hat am vergangenen Montag die Besetzung von Vale ankündigt. Sie will den Druck auf den Präsidenten erhöhen, doch endlich die Agrarreform voranzutreiben.

An die Spitze der Opposition haben sich Mitte November 1996 die ehemaligen Präsidenten José Sarney und Itamar Franco mit ihrer „Kampagne gegen die Verschacherung der Vale“ gesetzt. Immerhin hat die Opposition erreicht, daß die Vale nicht an einen konkurrierenden Bergbaukonzern verkauft wird. Die politische Führung diskutiert unterdessen, ob der Staat nicht eine Sperrminorität halten soll, um die Geschicke des Konzerns weiterhin mitbestimmen zu können. Auch sie befürchten, daß ein Konkurrent den Konzern zerschlägt. Außerdem haben erst einmal noch die Gerichte das Wort. Sie müssen klären, ob die Vale verkauft werden darf, bevor die Umweltschäden, die sie durch den Abbau von Mineralien in der Provinz Minas Gerais anrichtete, beseitigt sind. Knut Henkel

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