piwik no script img

TV-Demokratie

Du weißt nicht, wie sich ne lebendige Demokratie äußert? Denn will ich dir das mal beibiegen: Wenn der Bürger, also der normale Fernsehzuschauer, mitbestimm' kann, was in seine Lieblingssendung ablaufen soll. Und de Spitze vonne wirklichkeitsnahe Sendung' – und da sind wir uns doch wohl alle einig – ist ja de „Lindenstraße“! Wo da denn der Zuschauer mitbestimmt hat? Na, bei diese Julia von der Marwitz! Was da an Protest abgelaufen ist bei de Zuschauer, da sind sogar de serbische Protestanten noch Waisenknaben gegen. Habn sich de Leute per Telefon oder Brief oder sogar mit ihre Faxe beschwert, daß die Julia mit ihre perverse Tierschützermeise ja noch schlimmer ist als diese Alice mit ihre Macke vonne Fraunemanzipazion oder diese aggressive Trude vonne „Graue Panther“, die sich für de Rechte vonne Seniorn prügelt. Und de Zuschauer habn haufenweise Vorschläge gemacht, wie diese Julia abnippeln sollte. Also, daß man se fast ne Nazion von willige Vollstrecker nenn' könnte. Von diese Vorschläge ist den sensiebeln Herr Geißendörfer, den Regisseur vonne Sendung, total schlecht geworden. Das war fast so gemein wie Leserbriefe aus Bayern, wenn in' „Spiegel“ mal wieder was gegen den § 218 gestanden hat. Langer Rede kurzer Sinn: Julia ist denn auch mit Tollwut infeziert worden und gestorben. Um das mal ganz deutlich zu sagen: Ich find das wirklich in Ordnung, wenn der Zuschauer in seine demokratische Suweräneteht bei diese Bildschirmhelden schicksalsmäßig eingreifen kann. Da wär zun Beispiel Herr Westerwelle, der ein Zwilling von mein' Frisör sein könnte, aber bloß äußerlich, weil mein' Frisör seine Bemerkungen wirklich Hand und Fuß habn. Dieser Herr Westerwelle könnte sich zun Beispiel mit ein' Glas Altöl vergiften, wenn bei de nächste Wahln de F.D.P. wieder koppheister geht. „Und Herrn Westerwelles Kollegen, die trockenen Tagesschausprecher Wieben, Hofer und Hintze, könnten während ihrer Darbietungen zu Staub zerfallen“, nimmt nu Jungunternehmer Aschler meine Gedanken auf. Sonnenbank-Heinzi saugt'n Schluck aus seine Energiedrink-Pulle und nickt: „O.K. Übrigens, Herrn Wieben habe ich jahrelang mit Herrn Voscherau verwechselt. ,Wenn der über politische Fakten berichtet, ist das zwar recht trocken, aber doch ziemlich objektiv', hab' ich gedacht und ihn deshalb immer wieder gewählt. Sind Sie wirklich sicher, daß es zwei Personen sind und nicht etwa doch bloß eine, weil man bei der ARD aus Sparsamkeitsgründen rationalisiert hat? Vielleicht lassen wir Herrn Voscherau beim Hockeyspielen verunglücken... Dann wird man Gewißheit haben.“ „Ich bin dafür, daß zuerst Herr Wickert abtreten muß!“, ruft nu de Junglürikerin Nele Hütlein. „Mein Vorschlag: Er soll an einem seiner Prä-Wetterbericht-Witze ersticken, die außer ihm sowieso kein Mensch versteht. Nur, wenn er eine bedeutungsvolle Miene aufsetzt, weiß man: Aha, der Satz davor war ein Witz!“ Wenn du mich fragst: Die Hütlein ist bloß sauer auf den Wickert und platzt vor Neid, weil sein neuestes Buch, ein Eumel von 8000 Seiten mit den Titel „Der Fleißige ist der Klügste“, der absolute Bestseller ist. Meine Bekannte hat ihn auch schon bestellt. Wenn da auch so Neidhammel rumlästern, daß Herr Wickert sich bloß den Buchtitel ausgedacht hat. Alles andere soll er aussen Großen Brockhaus zetiert habn. Trotzdem bin ich dafür: Herr Wickert soll weitermachen. Und Herr Kohl auch. Vielleicht könnte man de beiden Herren von ihre körperliche Unterschiedlichkeit her sogar zu ein' zweiten Komikerpaar machen ala Kienzle/Hauser...

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen