: Wenn Papa nicht zahlt
■ betr.: Bonn will flüchtige Väter aufspüren“, taz vom 28. 1. 97
Daß die Bundesregierung diesen Mißstand bekämpfen will, ist löblich. Dabei sollte es jedoch nicht in erster Linie um die Interessen des Staates gehen, der in vielen Fällen Unterhaltsvorschuß zu leisten hat, sondern vielmehr um die Interessen der Kinder und deren Mütter, die oft bis zur totalen Erschöpfung ums Überleben kämpfen (weshalb dann wieder das Müttergenesungswerk oder die Sozialversicherungsträger zu Lasten der Allgemeinheit eintreten müssen).
Im krassen Widerspruch zu den Bestrebungen Bonns bei den Bemühungen, säumige Väter aufzuspüren, steht die Haltung der Stadt Aachen (Jugendamt) gegenüber zahlungsunwilligen Vätern. Der Vater meiner drei Kinder kommt seit zehn Jahren seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht nach. Und ich habe viel zu lange mit gerichtlichen Schritten gewartet, weil ich es nicht sehr passend finde, mit dem Vater der Kinder vor Gericht zu ziehen. Leider ließ er mir keine Wahl.
[...] Aufgrund der einst getroffenen Entscheidung, das Sorgerecht gemeinsam auszuüben (was mir erhebliche Nachteile eingebracht hat), kann das Jugendamt nicht im Rahmen des § 18 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes tätig werden, weshalb ich die Unterhaltsansprüche vor Gericht allein geltend machen muß. [...] Erschwert wird dieser irrsinnige Kampf nun zusätzlich dadurch, daß das Jugendamt der Stadt Aachen die Einkommensnachweise meines geschiedenen Mannes „aus Datenschutzgründen“ nicht an meine Anwältin herausgeben will, was möglicherweise zu einer Dienstaufsichtsbeschwerde führen wird. Das Jugendamt, das nach meinem Verständnis die Interessen der Kinder zu vertreten hat, macht sich somit zum Handlanger des zahlungsunwilligen Vaters, vielleicht weil ich aufgrund der geschilderten Situation keinen Unterhaltsvorschuß verlangen kann?
Warum Väter nicht zahlen, hat sicher vielschichtige Gründe. Manche mögen tatsächlich keinen Ausweg sehen, als zu verschwinden, weil ihnen nichts zum Leben bleibt. Oft sind es jedoch die gut verdienenden Akademiker und Selbständigen, die ihr Einkommen entsprechend „frisieren“ können. In den nicht seltenen Fällen, wo haßerfüllte Exfrauen ohne Rücksicht auf die Kinder alle Mittel nutzen, dem Vater den Kontakt zu den Kindern zu verwehren, habe ich sogar ein gewisses Verständnis für die Zahlungsunwilligkeit. Wer kein Recht hat, hat auch kein Interesse an Pflichten! Aber leider ist mein Fall sicher kein Einzelfall, wo der Vater zwar großzügig Gebrauch von seinem Sorgerecht macht, aber von der Sorgepflicht, insbesondere finanziellen, nichts wissen will. Helga Pasch, Aachen
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