: Sinn und Zweck von Malcoms X
■ Ein US-Import und mächtig erfolgreich: Februar ist der „Black History Month“
Nachdem der erste Berliner „Black History Month“ vor sieben Jahren noch im kleinen Rahmen, nämlich in der Pumpe an der Lützowstraße, stattfand, hat er sich mittlerweile als feste Institution etabliert und erheblich vergrößert.
„Am Anfang mußten wir unsere Referenten noch krampfhaft zusammensuchen“, erzählt Danny Hafke, ehrenamtlicher Mitarbeiter der „Initiative Schwarzer Deutscher und Schwarze in Deutschland“ (ISD) in Berlin, der übrigens in Zusammenarbeit mit einigen ISD-Mitarbeitern im Jahr 1990 den ersten Berliner Black History Month ins Leben rief. „Jetzt kommen die Leute zu uns. Immer mehr schwarze Gruppen wollen mitmachen!“
Neben der Initiative Schwarzer Deutscher sind verschiedene Interessengemeinschaften und Vereine, wie die Afrikanische Studenten-Union (ASU), der Studienkreis Entwicklungsländer sowie die Sudanesische Gemeinde Berlin-Brandenburg, das Bildungs- und Aktionszentrum Dritte Welt e.V. (BAZ), die Association des Guineens de Berlin-Brandenburg (AGBB) und das Immigrantenpolitische Forum e.V., an der Ausrichtung des afrozentrischen Polit- und Kunstfestivals maßgeblich beteiligt.
Als Vorbild dient die alljährliche Februar-Veranstaltung in den USA, die dort schon auf eine jahrzehntelange Tradition zurückblicken kann. Dort sei alles „ein paar Nummern größer“, schwärmt Hafke von seinen Erfahrungen, die er 1989 in Atlanta machen durfte, „es stehen weit mehr Sponsoren, Schulen und Colleges samt Security dahinter. Aber immerhin haben wir Schwarze es 1990 zum ersten Mal geschafft, gemeinsam etwas zu machen. Egal, aus welchem kulturellen Hintergrund man kommt.“ Gemeinsamkeit statt Vereinzelung – so lautet das Credo der Berliner Black Community und der Veranstaltung. „Wir leben über die ganze Welt verstreut“, meint Primus Guenol vom Komitee des BHM, „werden aber dennoch in einen Topf geworfen. Doch jeder, der den Dialog will, ist bei uns willkommen. Denn wir Schwarzen können und sollen über alle Spannungen hinweg voneinander lernen!“
Bumsvoll war die diesjährige Eröffnungsparty in der „Weißen Rose“, es wurden mehr als 1.200 BesucherInnen gezählt. Das Programm, das von Schwarzen unterschiedlichster Herkunft ausgerichtet wurde, war – trotz einiger technischer Pannen – attraktiv und bunt gemischt: Traditionell kostümiert, warfen sich die munter improvisierenden Moderatoren der Show, ein Marc aus Barbados und Jammar aus Westafrika, in einem deutsch-englischen Sprachgemisch die Bälle zu. Daß zwischendurch schon mal eine Lampe oder das eine oder andere Mikro ausfiel, wurde mit gutgelauntem Applaus und einem breiten Grinsen quittiert. Nur die Organisatorin der traditionell afrikanischen Modenschau konnte einem echt leid tun: Im hübschesten Catwalk-Gang setzte mitunter gar die gesamte Musikanlage aus.
Ob guineisches Trommeln, Tanzperformance oder original karibisches Soul food und Rumpunsch – für jeden Geschmack war etwas geboten. Top act des Abends war die gerade bei der Jugend recht angesagte New Yorker Swing-Beat-Crew Afro-Disiac, die sogar zahlreiche Teenager zum Kreischen zu bringen vermochte.
Neben Kindertheater und attraktiven Programmpunkten wie dem als Bühnenstück ausgerichteten Porträt des afroamerikanischen Baritonsängers, Schauspielers und Intellektuellen Paul Robeson oder der Verfilmung von James Baldwins „Another Country“ werden in den kommenden Wochen auch bitterernste Themen zur Sprache gebracht: die Situation der Frauen südlich der Sahara, das Aids-Problem und die Umweltzerstörung in Afrika. Workshops über das Bewältigen von rassismusbedingtem Streß sowie über die Aktualität von Malcolm X' Gedanken sind geplant.
Warum wollen Schwarze sich nicht als „Farbige“ bezeichnet wissen? Welche Probleme haben schwarze Deutsche in ihrem eigenen Land? Wofür steht das X bei Malcolm X? Im Grunde genommen hat die weiße Bevölkerung – gelinde gesagt – eine eher schemenhafte Ahnung von den Belangen ihrer schwarzen Mitbürger. Doch weniger für die Weißen als für die in Berlin lebenden Schwarzen aus aller Welt wird der Februar jeden Jahres zum „Black History Month“ erklärt. Allein in Berlin sind 13.000 Afrikaner registriert, über 400.000 Afrodeutsche leben in der BRD, eine Anzahl von rund 30.000 vermutet man in Berlin.
Obwohl das Festival auch unter weißen Berlinern immer größere Resonanz erfährt, bleiben einige Veranstaltungen nur schwarzen Teilnehmern vorbehalten. „Diese Beschränkung wird in der Regel von den Veranstaltern und Referenten einzelner Seminare auferlegt“, erklärt Danny Hafke, der sich persönlich jedoch für eine weitestgehende Integration weißer Besucher ausspricht. Dennoch sieht auch er „einfach keinen Sinn darin, mit Weißen darüber zu diskutieren, warum es zum Beispiel für Schwarze beleidigend ist, ,Bimbo‘ genannt zu werden“.
Gerade an diesem Beispiel wird im Grunde genommen deutlich, wie wichtig der Dialog zwischen Schwarz und Weiß immer noch ist. Wie schrieb doch die Redakteurin Ricky Reiser in ihrer jüngsten Ausgabe von Afro-Look (einem kleinen Magazin für schwarze Menschen in Deutschland), über Antidiskriminierungsarbeit: „It's a White Thing!“ Kirsten Niemann
Samstag, 8.2., 20 Uhr: „Portrait of a Giant – Paul Robeson“, Weiße Rose, Martin-Luther-Straße 77
Montag, 10.2., ab 19 Uhr: Neue schwarze Filme aus Frankreich, Kino im BAZ, Oranienstraße 159
Di., 11.2., ab 19.30: Literaturverfilmung „Another Country“ von James Baldwin, Kino im BAZ
Weitere Informationen unter Tel. 6147502
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